Nach der Exklave Lippstadt fand die Reformation in der westfälischen Herrschaft bzw. Grafschaft Lippe in den 1520er Jahren zuerst in der Stadt Lemgo Eingang und wurde dort in den 1530er Jahren mit der Annahme der Braunschweiger Kirchenordnung institutionalisiert. Das Territorium selbst nahm 1538 unter hessischem Einfluss den evangelischen Glauben und eine eigene Kirchenordnung an. Abgesehen von der Episode des Interims gelang in der Grafschaft im 16. Jahrhundert in Ansätzen die Etablierung einer lutherischen Kirchenverwaltung; allerdings mit der Ausnahme der Stadt Lemgo, die das in der Reformation errungene städtische Kirchenregiment beibehielt.
Diese Weichenstellung erwies sich um 1600 als schwere Hypothek, als Graf Simon VI. in seinem Land das reformierte Bekenntnis etablierte. In der Stadt Lemgo führte die erzwungene Einsetzung reformierter Pfarrer 1609 zum Sturz des Rates und einer bewaffneten Revolte gegen den Landesherrn. Dabei gelang es Simon VI. und seinem Sohn Simon VII. langfristig nicht, ihre Interessen vor den Reichsgerichten durchzusetzen. Stattdessen erhielt die Stadt im Röhrentruper Rezess von 1617 verschiedene Privilegien zur Wahrung der städtischen Autonomie, und eines davon war der Verbleib beim Luthertum. In der Folge existierte in der Grafschaft Lippe eine Kirche mit einem eigentlich reformierten Bekenntnisstand und einzelnen lutherischen Gemeinden, deren Einbindung in die Landeskirche wesentlich lockerer war.
Diese besondere konfessionelle Situation und ihre Auswirkungen sollen anhand von Quellen in deutscher Sprache – z.B. historiografischen Quellen, Visitationsberichten, Kirchenordnungen und Akten – untersucht und in Bezug zu geschichtswissenschaftlichen Debatten gebracht werden. |