Kommentar |
Die Religionssoziologie ist eine der wenigen Bindestrichsoziologien, in der die Klassiker - die der Zeit um 1900 - noch zählen und nach wie vor als Ideengeber unverzichtbar sind. Mit den 'Klassikern' sind hier die Autoren Jahrhundertwende (um 1900) gemeint, die die Religionssoziologie als Subdisziplin des Faches geschaffen haben, und zugleich die, deren Werk auch heute noch im Fach als grundlegend gilt und in seiner Begrifflichkeit präsent geblieben ist. In der Veranstaltung soll es also darum gehen, die Anfänge und die Entstehungsbedingungen der Religionssoziologie sowie ihre frühe Entwicklung genauer in den Blick zu nehmen. Zugleich gilt es, sich mit den religionssoziologischen Hauptwerken der Zeit zu befassen. Gemeint sind vor allem die Arbeiten Emile Durkheims, Georg Simmels, Max Webers. Der Veranstalter hat in der Mitte der 1990er Jahre mit Volkhard Krech einen Sammelband Religionssoziologie um 1900 herausgegeben, der immer noch eine gute Grundlage für das Vorhaben des Seminars abgibt und der dementsprechend genutzt werden soll. Allerdings hat sich die Forschungslage seit jener Zeit in mancher Hinsicht geändert. So ist das Ende des 'langen 19. Jahrhunderts' (bis 1914) heute viel stärker als Zeit einer 'ersten Globalisierung' im Blick - durchaus mit Weiterungen auch für die frühe Religionssoziologie. Auch geht der Blick heute gerade religionssoziologisch stärker auf das Verhältnis von Religion und Politik, und das bringt als Hintergrund der frühen Religionssoziologie die europäischen 'Kulturkämpfe' in den Blick. Auch sind in letzter Zeit andere Autoren als die 'üblichen verdächtigen' Klassiker im Gespräch, so auf französischer Seite insbesondere Marcel Mauss. Die Liste, die solche Veränderungen der Sachlage anzeigen, wäre verlängerbar, und auch den perspektivischen Verschiebungen des Forschungsinteresses soll beim Blick auf die Religionssoziologie um 1900 Rechnung getragen werden. |