"Politik und Populismus" - Vortrag von Prof. Dr. Klaus Schubert zur Eröffnung der Wanderausstellung des Deutschen Bundestages

© IfPol

Im Foyer des Fürstenberghauses der Westfälische Wilhelms-Universität Münster wurde am Montag, 03. April 2017, die Wanderausstellung des Deutschen Bundestages durch den Rektor Prof. Dr. Johannes Wessels und Frau Maria Klein-Schmeink, MdB, eröffnet.

Im Mittelpunkt der Veranstaltung stand der Vortrag "Politik und Populismus" von Prof. Dr. Klaus Schubert über das Verhältnis von Demokratie und Populismus in unserer Demokratie.

Klaus Schubert zeigte zunächst anschaulich auf, dass der Populismus kein neues Phänomen darstellt. Reden zu können und so reden zu können, dass die Zuhörer erreicht und mit dem gesprochenen Wort überzeugt werden, galt als hohe Kunst im alten Griechenland und bei den Römern. Für die Entwicklung der modernen Massendemokratien ist in der Politikwissenschaft die rhetorische Fähigkeit eng mit Max Weber, einem der Urväter der politischen Disziplin, und seinem Begriff der charismatischen Legitimation der Herrschenden verbunden. Weber argumentiert im Grunde, dass die Durchsetzung demokratischen Denkens, Handelns und Regierens ohne den populisierenden Politiker nicht denkbar – vor allem aber auch historisch gar nicht nachweisbar ist.

Wenngleich nach dem Niedergang der Weimarer Republik und den schrecklichen Folgen des Dritten Reiches sich in Deutschland ein rationaler Begriff von Politik durchgesetzt hat, ging die Entstehung und Entwicklung unserer modernen Demokratie, von Parteien und Institutionen eng mit persönlichen, kämpferischen, ideologischen Auseinandersetzungen einher. Keine staatstragende Partei und keine wichtigen politischen Entscheidungen seien aus rationalen und systematischen Überlegungen heraus entstanden und etwa das Produkt purer Vernunft, wie Klaus Schubert anhand einiger Beispiele den zahlreichen interessierten Besucherinnen und Besuchern anschaulich verdeutlichte.

In seinem Vortrag ging Schubert dann näher auf den Populismus der Gegenwart ein und stellte analytisch einige Thesen auf. Populismus sei ein verlässlicher Seismograph für das, was politisch schieflaufe, vernachlässigt oder stillschweigend hingenommen wurde in einem Staat – zwischen sozialen und kulturellen Eliten einerseits und einfachen Bürgerinnen und Bürgern andererseits. Nur dann fänden Populisten Gehör und Zulauf. Hier müsse die Politik zuerst „vor ihrer eigenen Haustür fegen“. Gleichzeitig dürften populistische Vereinfachungen und offensichtliche Lügen jedoch nicht einfach hingenommen werden, appellierte Klaus Schubert auch an jeden einzelnen: „Moralische Ferien werden zurzeit nicht genehmigt!“

Für tragfähige Lösungen in und für die modernen Demokratien stehe der Populismus nicht, dies zeigten viele aktuelle Beispiele. Populisten verständen sich als alleinige Repräsentanten des aus ihrer Sicht „wahren Volkes“. Die Vorstellung einer vorgegebenen bestehenden homogenen Einheit übersehe jedoch, dass es viele Teile dieses Volkes gäbe. In einem historisch und faktisch durch Vielfalt und Unterschiede geformten Deutschland müsse Politik und Gesellschaft bemüht sein, Möglichkeiten zu finden, Vielfalt und Einheit zu verbinden, erläuterte Schubert: „Deutschland ist heute geprägt durch Individualismus und Pluralismus, durch Diversität.“ Die zentrale politische Frage sei, wie er ausführte, längst nicht mehr die nach „Einheit“, sondern vielmehr die Frage, wie man sich einig werden könne. Die politische Aufgabe in den modernen Demokratien sei es also immer wieder Kompromisse und Verhandlungslösungen zu schaffen, sich einig zu werden – auch wenn es nur auf temporäre Gültigkeit angelegt sei.

Die Wanderausstellung des Deutschen Bundestages stellt auf 21 Schautafeln und interaktiven Touch-Bildschirmen die Arbeitsweise und Aufgaben des Deutschen Bundestages anschaulich und verständlich dar. Gleichzeitig stehen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Bundestages für Fragen zur Verfügung und erklären Bürgerinnen und Bürgern die politischen Abläufe und Besonderheiten des Parlaments – wie verlaufen die politischen Auseinandersetzungen und wie können am Ende Kompromisse gefunden werden, um die gesellschaftlichen, wirtschaftlichen oder sozialen Probleme der Menschen zu lösen.