Vorlesung: Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918

Montag, 10-12 Uhr; Raum: Horstmarer Landweg 50, HO 102

Die Vorlesung liefert einen Überblick über die Geschichte des Deutschen Reiches von der Kaiserproklamation in Versailles am 18. Januar 1871 bis zur Ausrufung der Republik am 9. November 1918. Mit dem Kaiserreich etablierte sich der Nationalstaat in Form einer Reichsgründung von oben. In die Zeit seines Bestehens fiel die Ausbildung der modernen Industriegesellschaft. Einem obrigkeitsstaatlich ausgerichteten politischen System stand eine gesellschaftliche Dynamik gegenüber, die die Janusköpfigkeit des Kaiserreiches im Spannungsfeld von Tradition und Moderne ausmachte. Darüber hinaus wird das Kaiserreich als Akteur der internationalen Politik des imperi alistischen Zeitalters behandelt und das Wechselverhältnis von innerer Entwicklung und Außenpolitik herausgearbeitet.

Literatur: Volker Ullrich: Die nervöse Großmacht 1871-1918. Aufstieg und Untergang desdeutschen Kaiserreichs, Frankfurt/M. 1997,ergänzte Taschenbuch-Auflage erscheint imSeptember 2013. Ewald Frie: Das Deutsche Kaiserreich, Darmstadt 2004 (Reihe:Kontroversen um die Geschichte).


Hauptseminar: Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918. Geschichtswissenschaftliche Deutungen und Kontroversen

Montag, 14-16 Uhr; Raum: Johannisstraße 4, JO 102

In den geschichtswissenschaftlichen Debatten über Kontinuitäten und Brüche in der deutschen Geschichte spielt das Deutsche Kaiserreich eine zentrale Rolle. Angesichts der Ambivalenz von Tradition und Moderne, von Obrigkeitsstaat und Massenmobilisierung, vor der Folie der Transformation von einer Agrar- zu einer Industrienation und dem Ende vor dem Hintergrund der „Urkatastrophe des 20. Jahrhunderts“, dem Ersten Weltkrieg, sind die Deutungen vielschichtig und kontrovers. Das Seminar nimmt ausgewählte Kontroversen in den Blick, zur Reichsgründung, zu Bismarcks Kolonialpolitik, zum persönlichen Regiment Wilhelms II. oder zur Kriegsschulddiskussion (Fischer-Kontroverse), und möchte damit auch die Historisierung der Historiographie zum Kaiserreich thematisieren.

Literatur: Ewald Frie: Das Deutsche Kaiserreich, Darmstadt 2004 (Reihe: Kontroversen um die Geschichte). Sven Oliver Müller/Cornelius Topp (Hg.): Das Deutsche Kaiserreich in der
Kontroverse, Göttingen 2009. Hans-Peter Ullmann: Das Deutsche Kaiserreich 1871-1918, Frankfurt/M. 1995.


Hauptseminar: Der deutsch-französische Krieg 1870/71

Freitag, 14-16 Uhr; Raum: Krummer Timpen, ULB 1

Das Seminar beschäftigt sich mit einem zentralen lieux de mémoire deutsch-französischer Geschichte, der die „Erbfeindschaft“ zwischen den beiden Nachbarn am Rhein verstärkte und sowohl das Verhältnis zwischen Deutschland und Frankreich sowie die jeweilige nationale Politik im deutschen Kaiserreich und in der III. Republik in Frankreich nachhaltig beeinflusste. Neben der Erarbeitung der Ereignisgeschichte sollen im Seminar auch neuere Ansätze einer „histoire croisée“ oder deutsch-französischen Verflechtungsgeschichte kritisch überprüft werden.

Literatur:
Josef Becker (Hg.): Bismarcks spanische „Diversion“ und der preußisch-deutsche Reichsgründungskrieg, 3 Bände, Paderborn 2003/2008. Thomas Nipperdey: Deutsche
Geschichte 1866-1918, Band 2: Machtstaat vor der Demokratie, München 1992.


Übung: Autobiographische Zeugnisse von Arbeitern im 19. und frühen 20. Jahrhundert

Freitag, 10-12 Uhr; Raum: Krummer Timpen, ULB 101

Die Autobiographie als klassisches Selbstzeugnis wird eher einem bürgerlichen Autoren- und Rezipientenkreis zugeschrieben. Die vergleichsweise in geringerer Zahl verfassten
Selbstdarstellungen von Arbeitern betonen hingegen nicht die Individualität, sondern das Exemplarische, und sie verfolgen in der Regel eine politisch-didaktische Absicht. Industrialisierung und Urbanisierung und ihre Folgen, die soziale Frage, Religion, das Verhältnis von Bürgertum und Arbeiterschaft oder das Geschlechterverhältnis spiegeln sich in Arbeiterautobiographien ebenso wider wie die Bedeutung der Sozialdemokratie und der Gewerkschaftsbewegung als soziale und Emanzipationsbewegung der Arbeiterschaft im Deutschen Kaiserreic h. Die Übung begibt sich auf Spurensuche und arbeitet anhand ausgewählter Beispiele die Vielfalt und die Deutungsschwierigkeitendieser Quellengattung heraus.

Literatur: Roland Emmerich (Hg.): Proletarische Lebensläufe. Autobiographische Dokumente zur Entstehung der Zweiten Kultur in Deutschland, 2 Bde., Reinbek 1974/75. Winfried Schulze (Hg.): Ego-Dokumente. Annäherung an den Menschen in der Geschichte, Berlin 1996.