Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
impressum :: feedback :: kontakt ::  
 
zurück   zurück Glossarverzeichnis

BRETTON WOODS

(ml) Das Abkommen von Bretton Woods, unterzeichnet am 27.7.1944 in dem gleichnamigen Badeort in New Hampshire/USA, strebte eine umfassende Neuordnung der Weltwirtschaft nach dem zweiten Weltkrieg an. Sein Ziel war eine reibungslose und von Handelsbarrieren befreite Abwicklung des Welthandels bei festen Wechselkursen. Damit sollte verhindert werden, dass sich Protektionismus und Abwertungswettläufe der Zwischenkriegszeit wiederholten.

Entstehung

Mit dem Abkommen vom 27.7.1944 wurde das internationale Währungssystem von Bretton Woods mit dem US-Dollar als Leitwährung geschaffen. Dieses funktionierte wie folgt: Es wurde eine Parität von 35 US-Dollar pro Unze Gold festgelegt, die die US-Zentralbank durch Goldkäufe und -verkäufe sicherstellte. Die Wechselkurse der übrigen Währungen wurden gegenüber dem US-Dollar fixiert und die Zentralbanken der teilnehmenden Länder verpflichtet, durch ihre Geldpolitik (insbesondere durch Käufe und Verkäufe einheimischer Währung gegen US-Dollar) diese Wechselkurse innerhalb einer Bandbreite von 1% stabilisieren.
Das System von Bretton Woods ähnelte damit dem Glossar Goldstandard, unterschied sich aber von ihm dadurch, dass nur der US-Dollar durch Goldreserven gedeckt war, während die übrigen beteiligten Währungen über festgelegte Kurse gegenüber dem US-Dollar durch die Goldreserven der US-Zentralbank "mitgedeckt" wurden.
Es bestand die Möglichkeit, bei ständigen Zahlungsbilanzungleichgewichten eines Landes den festgelegten Kurs (= die Parität) seiner Währung zu verändern. Für vorübergehende Zahlungsbilanzungleichgewichte wurde der verwandtes Thema Internationale Währungsfonds (IWF) geschaffen, der für diese Fälle Kredite gewähren sollte.
Zum Zwecke der Entwicklungsländerfinanzierung wurde die Internationale Bank für Wiederaufbau (kurz: Weltbank) geschaffen.
Die Umsetzung der ebenfalls geplanten International Trade Organization (ITO) scheiterte am Widerstand des US-Senats. 1948 unterzeichnete Havanna Charta ergänzte das Abkommen von Bretton Woods. Die Unterzeichner strebten multinationale Handelsliberalisierung an. Aus den entsprechenden Verhandlungen ging das General Agreement on Tariffs and Trade (GATT) hervor.

Probleme und Zusammenbruch

Das System von Bretton Woods litt unter drei strukturellen Problemen:

  1. Aufgrund der Tatsache, dass alle Länder außer dem Leitwährungsland USA ihre geldpolitische Souveränität aufgaben und sich auf die Aufrechterhaltung der Parität (d.h., des festgelegten Leitkurses) zum US-Dollar beschränkten, war das System in sich schon (theoretisch) stabil. Die USA als Leitwährungsland und ihre Wirtschafts- und Geldpolitik konnten damit bedeutende Wirkungen auf das gesamte System und damit alle teilnehmenden Volkswirtschaften ausüben. Dies zeigte sich, als in der zweiten Hälfte der 60er Jahre die USA durch öffentliche Haushaltsdefizite und expansive Geldpolitik (Vermehrung der im Umlauf befindlichen Geldmenge, die bei nicht gleichzeitigem Anstieg der im Umlauf befindlichen Gütermenge nach der Glossar Fisherschen Verkehrsgleichung zu Preissteigerungen führt) eine inflationäre Politik zu betreiben begannen, u.a. um den Vietnam-Krieg zu finanzieren.
    Dies führte zu Vertrauensverlust in die Goldkonvertibilität des US-Dollar. Tatsächlich waren die USA nur noch in beschränkterem Maße bereit bzw. in der Lage, die Goldkonvertibilität des US-Dollars aufrecht zu erhalten. Die übrigen Mitgliedsländer des Bretton Woods-Systems (insbesondere die Leistungsbilanzüberschussländer Deutschland und Japan) waren ihrerseits nicht bereit, die über die festen Wechselkurse auf ihre eigenen Volkswirtschaften übertragbare Inflationspolitik der USA zu akzeptieren (und ihre Geldmengen entsprechend auszuweiten).
  2. Zugleich waren aber die internen (Inflation und Budgetdefizite) und das externe (Zahlungsbilanzdefizit) Ungleichgewicht in den USA eine Voraussetzung für das Funktionieren des Währungssystems. Dieses unter dem Begriff "Triffin-Paradox" bekannte strukturelle Problem trat auf, da seit 1950 weltweit die Einkommen und der außenwirtschaftliche Verflechtungsgrad stark anstiegen und damit auch die Nachfrage der Zentralbanken nach Reserven zur Sicherung der Paritäten gegen Schwankungen zunahm. Da aber gleichzeitig in den 1960er Jahren die Goldförderung nur langsam zunahm, war der US-Dollar als Reservewährung hierzu unverzichtbar. Das Zahlungsbilanzdefizit der USA ermöglichte den Aufbau dieser Reserven (führte aber gleichzeitig zu Vertrauensverlust in die Stabilität der Dollar-Gold-Parität, s.o.). In diesem Zusammenhang wurden als ergänzendes Reservemedium 1967 die Sonderziehungsrechte eingeführt, eine vom IWF gehandhabte Reservewährung, die in alle Währungen der Mitgliedsländer eingetauscht werden konnte. Ihre Bedeutung als Reservemedium blieb aber gering (nur 2-3% der Weltwährungsreserven um 1970).
  3. Es gab außerdem keinen geregelten Mechanismus über die Anpassung der Leitkurse einzelner Währungen, die dauerhafte Zahlungsbilanzungleichgewichte aufwiesen. Diese wurde vielmehr von Fall zu Fall geregelt, was zu internationalen Währungsspekulationen führte und die Glaubwürdigkeit des Systems beeinträchtigte.
Das System von Bretton Woods brach zusammen, als die USA 1971 die Goldkonvertibilität des US-Dollars aufgaben. Unter dem Eindruck des folgenden starken Zuflusses von US-Dollar gingen Deutschland und einige kleinere Nachbarländer zu flexiblen Wechselkursen über, d.h. die Zentralbanken intervenierten nicht mehr auf Devisenmärkten zur Aufrechterhaltung der Paritäten. 1973 wurden allgemein die festen Wechselkurse aufgegeben.

Bitte beachten Sie auch das externer Link Skript und die externer Link Materialien von Prof. Dr. U. Pfister zum Währungssystem von Bretton Woods (PDF-Dokumente).
zurück   zurück Glossarverzeichnis
 
           © 2004 by Ulrich Pfister/Georg Fertig • mail: wisoge@uni-muenster.de