Einführungen in die Wirtschafts- und Sozialgeschichte des 19. und 20. Jahrhunderts
impressum :: feedback :: kontakt :: 
 
   LINKWEG ::: Inhalt / Der Sozialstaat / Historische Paradigmen von Sozialstaatlichkeit / Anfänge der kommunalen Leistungsverwaltung
zurück   3.2. Würdigung und weitere Entwicklung
3.4. Der soziale Versorgungsstaat  vor


Der Sozialstaat

3. Historische Paradigmen von Sozialstaatlichkeit

3.3. ANFÄNGE DER KOMMUNALEN LEISTUNGSVERWALTUNG

nach unten 3.3.1. »Munizipalsozialismus«: Kommunale Dienstleistungsunternehmen
nach unten 3.3.2. Wandel der Sozialfürsorge von der Armenfürsorge zur Wohlfahrtspflege

 

  3.3.1. »Munizipalsozialismus«: Kommunale Dienstleistungsunternehmen  
zum Seitenanfang
 

In Städten ist die Interdependenz von Arm und Reich besonders ausgeprägt (Seuchen, Kriminalität, Wohnqualität, Bettelei), daher sind rein marktwirtschaftliche Lösungen inadäquat. Mögliche Lösungen: Migration (abgeschottete "bessere Viertel"), Ausbau der Polizei, Netzwerke (zentrale Anlage, deren Leistungen freiwillig bezogen werden, z.B. Telefon), Kollektivgüter (mit zwangsweisem Anschluss, z.B. Abwassernetz). Ab ca. 1870er Jahren Aufbau von städtischen Betrieben zur Pflege von Standortvorteilen zwecks Erwirtschaftung von Einnahmen, um Steuern trotz gewachsener Aufgaben niedrig zu halten, sowie z.T. aus (sozial‑)hygienischen Gründen (Wasserversorgung, Kanalisation, Kehrichtabfuhr). In Deutschland besitzen 1908 von Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern 93% Wasserwerke, 86% Gaswerke, 74% Elektrizitätswerke, 97% Schlachthöfe und 41% Straßenbahnen. Der Aufbau des "Munizipalsozialismus" trägt wesentlich zum Sterblichkeitsrückgang bei. Durchsetzung des Venen-Arterien-Systems der (Ab-)Wasserversorgung aufgrund der (wissenschaftlich falschen) Glossar Miasma-Theorie (Glossar Max von Pettenkofer in München). Dagegen Cholera-Epidemie noch 1892 in Hamburg, wo Robert Koch (wissenschaftlich richtige) Bakteriologie vertritt und keine Kläranlagen gebaut werden ( Bildquellen zur Cholerabekämpfung in Hamburg (1892) und China (ca. 1937-1950)).

Literatur Krabbe, Kommunalpolitik, Literatur De Swaan, Sorgender Staat.

  3.3.2. Wandel der Sozialfürsorge von der Armenfürsorge zur Wohlfahrtspflege  
zum Seitenanfang
 

Bis um 1900 erfolgt die Armenfürsorge in den Quartieren meist durch freiwillige Honoratioren, was wegen sozialer Segregation zunehmend auf Schwierigkeiten stößt. Ab 1905 so genanntes "Straßburger System" mit kleineren Bezirken, verbeamteten Verwaltern an der Spitze und unter Beizug von freiwilligen FürsorgerInnen (Fürsorgeverbände der bürgerlich/konfessionellen Frauenbewegung). Ansätze spezialisierter Fürsorgebereiche, z.B. Wohnungsfürsorge, ausgehend von Wohnungsinspektoraten: Kontrolle auf feuerpolizeiliche und hygienische Kriterien (Feuchtigkeit, Belüftung, Überbelegung durch Untermieter und Kostgänger) findet sich 1900 in 22 von 52 deutschen Städten mit über 50.000 Einwohnern; Literatur Zimmermann, Wohnungsfrage). Zwecks Bekämpfung von Volkskrankheiten (insbesondere Tuberkulose; Denkschrift des Gelsenkirchener Stadtarztes Friedrich Wendenburg zur Bekämpfung der grassierenden Tuberkolose (1919)) wird bis zur Zwischenkriegszeit die Gesundheitspflege massiv ausgebaut, insbes. auch durch präventive Maßnahmen im Bereich der Mütter-Säuglingsfürsorge sowie der Erfassung von Schulkindern (Bsp. Gelsenkirchen: Literatur Weyer–von Schoultz, Stadt).

Literatur Sachße/Tennstedt, Armenfürsorge, Band 2.

zurück   3.2. Würdigung und weitere Entwicklung
3.4. Der soziale Versorgungsstaat  vor
 
zum Seitenanfang
           © 2004 by Ulrich Pfister/Georg Fertig • mail: wisoge@uni-muenster.de