Zum "Thementag Mond" am 13. August: Prof. Harald Hiesinger gibt Einblicke in die aktuelle Forschung

"Der Mond liegt mir am Herzen"
Die Erde über dem Horizont des Mondes – aufgenommen vom &quot;Lunar Reconnaissance Orbiter&quot;<address>© NASA / Goddard / Arizona State University</address>
Die Erde über dem Horizont des Mondes – aufgenommen vom "Lunar Reconnaissance Orbiter"
© NASA / Goddard / Arizona State University

In den 1950er-Jahren nahm die Mondforschung Fahrt auf. 1969 betraten Neil Armstrong und Buzz Aldrin als erste Menschen den Erdtrabanten. Welche neuen Erkenntnisse sich Wissenschaftler von der Erforschung des Mondes versprechen, erklärt HARALD HIESINGER, Professor für Geologische Planetologie an der WWU, im Gespräch mit CHRISTINA HEIMKEN.

Was können wir vom Mond lernen?

Der Mond ist der Schlüssel zum Verständnis des Sonnensystems. Dank der Mondforschung entwickelten Wissenschaftler Konzepte, die auch auf andere Himmelskörper anwendbar sind. Ermöglicht wurde dies durch die Apollo-Missionen, deren Astronauten Gesteinsmaterial auf die Erde brachten. Diese Gesteinsproben werden bis heute im Detail untersucht. Ein wichtiges Konzept, das wir dank der Mondforschung kennen, ist etwa die Bildung und Abkühlung eines Magma-Ozeans. Demnach war einst die äußere 400 Kilometer dicke Schicht des Mondgesteins geschmolzen, vielleicht sogar noch mehr. Beim Abkühlen des geschmolzenen Gesteins fand ein Kristallisationsprozess statt. Abhängig von der Temperatur bildeten sich unterschiedliche Minerale. Wir gehen davon aus, dass Erde, Mars und andere Himmelskörper auch solch einen Magma-Ozean hatten. Vom Mond haben wir auch gelernt, das Alter von Himmelskörpern zu bestimmen. Wir messen das Alter der "Apollo-Gesteine" mit radiometrischen Methoden. Diese Daten setzen wir in Bezug zur Zahl der Einschlagkrater an den Gesteinsfundorten auf der Mondoberfläche. Grundsätzlich gilt: Je mehr Krater vorhanden sind, desto älter ist die Oberfläche. Wie alt sie genau ist, wissen wir nun durch das Mondgestein. Dank dieser Korrelation zwischen Alter und Kraterzahl kann man unter Berücksichtigung bestimmter Faktoren beispielsweise auch das Alter der Marsoberfläche bestimmen.

Erlebt die Mondforschung momentan eine Renaissance?

Ja. Die meisten Mondmissionen fanden Anfang der 1960er-Jahre bis hinein in die 70er-Jahre statt. Nach der Apollo-17-Landung im Jahr 1972, der letzten bemannten Mondmission, ging das Interesse zurück. Etwa ab dem Jahr 2000 fing es wieder an. Seither gab es US-amerikanische und chinesische Mondmissionen sowie ein japanisches Programm. Weitere Missionen, darunter russische, sind geplant. Ich vermute, das wieder erwachte Interesse hängt unter anderem damit zusammen, dass die Menschen verstanden haben, wie wichtig der Mond ist, wenn wir den Rest des Sonnensystems verstehen wollen.

Die NASA hat die "Lunar Reconnaissance Orbiter"-Mission (LRO), an der Sie beteiligt sind, gerade um zwei Jahre verlängert. Die Raumsonde LRO kreist seit 2009 in 50 Kilometern Höhe über der Mondoberfläche, an Bord sind diverse Kameras und Messapparaturen. Welche Rolle spielt diese Mission für die Forschung?

Mit LRO haben wir viele Fragen beantworten können, es sind aber auch viele neue dazugekommen. Zum Beispiel wollen wir die Krater auf dem Mond noch besser verstehen. Wie häufig sind sie? Welchen Einfluss haben die physikalischen Eigenschaften der Mondoberfläche auf die Bildung dieser Krater? Besonders interessieren uns kleine Krater. Erst durch die Kameras der LRO-Mission ist es überhaupt möglich, diese zu erforschen. Vorher reichte die Auflösung der Bilder nicht.

Welchen Stellenwert hat die Mondforschung für Sie persönlich?

Das ist, als würde man Eltern fragen: "Welches Kind hast du lieber?" Ich bin auch an Missionen zum Mars und zu den Asteroiden Vesta und Ceres beteiligt sowie an einer zum Merkur, die 2018 losfliegen soll – allesamt faszinierende Himmelskörper. Der Mond liegt mir sehr am Herzen, weil er für die Forschung so wichtig ist.

Das Institut für Planetologie beteiligt sich am "Thementag Mond", der am 13. August im Rahmen der "Expedition Münsterland" in Kattenvenne (Kreis Steinfurt) stattfindet. Es gibt ein buntes Programm für Kinder und Erwachsene zum Thema Mond aus planetologischer, medizinischer und kultureller Perspektive. Unter anderem gibt Prof. Harald Hiesinger Einblicke in seine Forschung und stellt aktuelle Bilder der LRO-Mission vor. Die Arbeitsstelle Forschungstransfer kürt die Sieger des Fotowettbewerbs "Der Mond im Münsterland".

CHRISTINA HEIMKEN

Dieser Artikel stammt aus der Universitätszeitung "wissen|leben" Nr. 5, 20. Juli 2016.

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