Meteoriten-Krater im Labor

"MEMIN-Forschergruppe" geht in die zweite Förderperiode / Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligt 1,6 Millionen Euro

Münster (upm), 16. Juli 2013

Die Einschläge von Meteoriten prägen seit Milliarden von Jahren die Oberflächen von Planeten, Monden, Asteroiden und Kometen im Sonnensystem. Wie Meteoriten-Krater genau entstehen, untersucht die "MEMIN"- Forschergruppe als eine der weltweit führenden Einrichtungen auf diesem Gebiet. Der Verbund, zu dem auch Prof. Dr. Alexander Deutsch vom Institut für Planetologie der Universität Münster mit seiner Arbeitsgruppe gehört, wird seit drei Jahren von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gefördert. Nun hat die DFG für drei weitere Jahre Fördermittel in Höhe von 1,6 Millionen Euro bewilligt. Hiervon profitieren neben den Münsteranern die federführende Universität Freiburg, die Universitäten in Jena und München, das Fraunhofer-Institut für Kurzzeitdynamik in Freiburg, Forschungseinrichtungen in Berlin und Hamburg sowie Kooperationspartner in Beauvais (Frankreich) und Stony Brook (USA). Die Abkürzung MEMIN steht für "Multidisciplinary Experimental and Modeling Impact Research Network".

Meteoriten-Einschläge haben zahlreiche Spuren hinterlassen. So führen Wissenschaftler die Entstehung des Mondes auf eine gewaltige Kollision mit der frühen Erde zurück. Das Aussterben der Dinosaurier am Ende der Kreidezeit wurde ebenfalls durch einen Meteoriteneinschlag verursacht. Auch heute noch stellen kosmische Einschläge eine Gefahr für die Erde dar. "Eindrucksvoll wurde dies der Menschheit am 15. Februar dieses Jahres in Erinnerung gerufen, als über der sibirischen Stadt Tscheljabinsk ein etwa 15 Meter großer Meteor beim Eindringen in die Atmosphäre explodierte", betont der Planetologe Alexander Deutsch.

Die MEMIN-Forschergruppe erzeugt im Labor experimentelle Meteoriteneinschläge. Dabei zeichnen die Forscher viele Prozesse in Echtzeit mit Hochgeschwindigkeitskameras und Drucksensoren auf. In diesen Experimenten beschleunigt ein sogenannter Leichtgasbeschleuniger bis zu 1,2 Zentimeter große Stahlkugeln oder echte Meteoriten auf eine Geschwindigkeit von mehr als 25.000 Kilometern pro Stunde. In weniger als einer Millisekunde entstehen durch die beim Einschlag freigesetzte Energie Krater mit einem bis zu 40 Zentimeter großen Durchmesser. Speziell entwickelte Partikelkollektoren fangen das aus dem Krater ausgeworfene Material für Untersuchungen mit mineralogischen und geochemischen Methoden auf. Die so gewonnenen Daten dienen als Grundlage für numerische Modelle, welche die Kraterbildung simulieren und neue Einblicke in die hochdynamischen Prozesse erlauben.

"Mit den Fördermitteln wollen wir an den Erfolg der ersten Phase anknüpfen. Von besonderem Interesse ist die Frage, wie die Materialeigenschaften von typischen Gesteinen der Erdoberfläche die Kraterbildung beeinflussen können", erklärt Alexander Deutsch. In den Mittelpunkt des Interesses rücken auch jene Prozesse, die sich unmittelbar beim Aufschlag ereignen: Beim Kontakt des Projektils mit dem jeweiligen Gesteinskörper entstehen kurzfristig extreme Drücke und Temperaturen, die zum Schmelzen und Verdampfen der getroffenen Gesteine bis hin zur Plasmabildung führen können.

Die bei diesen Prozessen auftretenden physikalischen Bedingungen sollen mittels modernster Hochgeschwindigkeitsmesstechnik aufgezeichnet werden. "Solche Daten sind notwendig, um die Genauigkeit der numerischen Simulationen zu kontrollieren und zu verbessern", erläutert Alexander Deutsch. Ein genaues Verständnis der hochdynamischen und komplexen Verhältnisse beim Meteoriteneinschlag sei auch eine wichtige Grundlage für die seit über einem Jahrzehnt betriebene Entwicklung von Meteoriten-Abwehrstrategien.

Alexander Deutsch ist als Co-Sprecher der MEMIN-Forschergruppe und Mitherausgeber eines Sonderbandes des international renommierten Fachjournals "Meteoritics and Planetary Science" über die Resultate der ersten Förderperiode für die erfolgreiche "Impaktforschung" mitverantwortlich.

 

 

MEMIN-Forschergruppe MEMIN-Sonderausgabe von "Meteoritics and Planetary Science" Forschung A-Z / Prof. Dr. Alexander Deutsch