GPS für mongolische Nomaden

WWU-Forscher erhalten Förderung der Volkswagen-Stiftung für Projekte in Mittelasien

Münster (upm), 26. November 2014

Pferde spielen für die Bevölkerung in Mittelasien - hier in Kasachstan - eine wichtige Rolle. (Fotostrecke siehe unten)
Pferde spielen für die Bevölkerung in Mittelasien - hier in Kasachstan - eine wichtige Rolle. (Fotostrecke siehe unten)
Foto: WWU/Johannes Kamp

Forschung zwischen Europa und Orient – unter diesem Slogan unterstützt eine Förderlinie der Volkswagen-Stiftung wissenschaftliche Projekte in Mittelasien und im Kaukasus. Die Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU) ist nun an gleich zwei neuen Vorhaben beteiligt, die ab Januar 2015 für jeweils drei Jahre gefördert werden. Beide sind am Fachbereich Geowissenschaften angesiedelt und nehmen Regionen in Kasachstan sowie in der Mongolei und in Kirgisistan unter die Lupe. Die Wissenschaftler untersuchen die Auswirkungen der veränderten Flächennutzung in der Landwirtschaft auf Ökosysteme und die Folgen lokaler Extremwetter-Ereignisse für die Bevölkerung. Für beide Projekte zusammen stehen 875.000 Euro zur Verfügung.

"Die Landwirtschaft ist ein heißes Thema im Naturschutz", unterstreicht Landschaftsökologe Dr. Johannes Kamp, Hauptantragsteller des in Kasachstan angesiedelten Projekts. "Nach dem Ende der Sowjetunion ist auch die Landwirtschaft zusammengebrochen, die traditionelle Beweidung wurde weitgehend aufgegeben. Jetzt steigt die Nachfrage nach Land wieder, Ackerbau und Viehhaltung expandieren." Die Wissenschaftler wollen die Frage klären, wie man die landwirtschaftliche Expansion möglichst umweltverträglich gestalten kann und Empfehlungen aussprechen, welche Flächen besonders zur Nutzung durch den Menschen geeignet wären und wo der Naturschutz verstärkt werden sollte. Unter anderem untersuchen sie dafür die Beeinflussung der Biodiversität durch Steppenfeuer und zunehmende Beweidung.

Die Beweidung durch Rinder und Pferde spielt auch in der Mongolei und in Kirgisien eine zentrale Rolle. Hier herrschen allerdings andere Bedingungen: Nomadenvölker ziehen noch mit ihren Tieren umher. "Im Winter gibt es in den von uns untersuchten Regionen extreme, lokale Kälteeinbrüche mit Temperaturen um minus 40 Grad Celsius", erklärt Geoinformatiker Thomas Bartoschek. "Für die Bevölkerung sind solche Ereignisse eine Katastrophe, das Vieh kann nicht mehr weiden." Die Wissenschaftler wollen herausfinden, wie das Wetter die Wanderrouten der Nomaden beeinflusst: Ziehen die Menschen in Richtung der großen Städte? Bewegen sie sich entlang von Flüssen? Die Erkenntnisse sollen helfen, die Situation der Betroffenen zu verbessern. Für ihre Untersuchungen werden die Forscher insgesamt 800 Nomadenfamilien in der Mongolei und in Kirgisistan mit GPS-Geräten ausstatten – "eine Mammutaufgabe", sagt Thomas Bartoschek.

Für das in Kasachstan angesiedelte Projekt "Balancing trade-offs between agriculture and biodiversity in the steppes of Kazakhstan" (BALTRAK) stellt die Volkswagen-Stiftung insgesamt 375.000 Euro zur Verfügung. Neben Projektleiter Dr. Johannes Kamp und Prof. Dr. Norbert Hölzel vom Institut für Landschaftsökologie der WWU beteiligt sind Forscher des Leibniz-Instituts für Agrarentwicklung in Transformationsökonomien (Halle an der Saale), der Humboldt-Universität Berlin, der Universität Karaganda in Kasachstan sowie eine kasachische Naturschutzorganisation.

Das Projekt "Herders coping with hazards in Kyrgyzstan and Mongolia: A new research approach based on GPS-tracking" wird geleitet von Wissenschaftlern des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung in Berlin. Neben Prof. Dr. Edzer Pebesma und Thomas Bartoschek vom Institut für Geoinformatik der WWU sind auch Wissenschaftler von Universitäten in Kirgisistan und der Mongolei beteiligt. Das Projekt wird mit 500.000 Euro unterstützt.

Projekt BALTRAK GPS-Tracking-Projekt/Informationen der Stiftung

Fotos

Für ihre Studien befragen die Forscher kasachische Landwirte. (Foto: WWU/Johannes Kamp)
  • Ein abgeerntetes Weizenfeld erstreckt sich bis zum Horizont. (Foto: WWU/Johannes Kamp)
  • Die Viehhaltung gewinnt in Kasachstan zunehmend wieder an Bedeutung. (Foto: WWU/Johannes Kamp)
  • (Foto: WWU/Johannes Kamp)
  • Impressionen aus der kasachischen Steppe (Foto: WWU/Johannes Kamp)
  • (Foto: WWU/Johannes Kamp)
  • Eine Nomadin im Untersuchungsgebiet in der Mongolei (Foto: Veronika Bertram-Hümmer, DIW)
  • Die Jurten der Nomaden im Winter (Foto: Valeria Groppo, DIW)