Gerechtigkeitsfragen im Kontext

Bei der Tagung zum Jubiläum des ICS im Oktober 2011 stand die Frage nach innovativen Zugängen zur Gerechtigkeitsfrage im Zentrum des Interesses. Unter der Stichwortreihe „Ressourcen – Lebensqualität – Sinn“ sollten interdisziplinäre Gesprächskonstellationen, u. a. unter Einbezug von Naturwissenschaftlern, Ökonomen und Philosophen erprobt und die Reichweite ausgelotet werden, in der die sozialethische Frage nach Gerechtigkeit heute zu stellen ist: in ihrer heute sich aufdrängenden zeitlichen und räumlichen Entgrenzung (Generationengerechtigkeit, ökologische und globale Gerechtigkeit) und in der Relation zu Sinn- und Deutungshorizonten, in denen Konzeptionen des guten Lebens Kontur gewinnen.

In das gleiche Forschungsfeld gehört die sozialethische Rezeption sozialwissenschaftlicher Konzepte einer Lebenslaufpolitik: Aspekte der Biographieorientierung müssen mit den epochentypischen Herausforderungen einer Gesellschaft des langen Lebens und der entsprechend zugleich verdichteten und gedehnten Generationenbeziehungen (vier bis fünf gleichzeitig lebende Generationen) zusammengebracht werden; Politikkonzepte müssen ressortübergreifend kohärent auf diese Anforderungen antworten.

Marianne Heimbach-Steins hat sich in verschiedenen Zusammenhängen intensiv mit dieser Thematik befasst: einerseits in einem von Eva-Maria Welskop-Deffaa geleiteten Projekt des ZdK/Sachbereich 3 (Gesellschaftliche Grundfragen), aus dem ein von Prof. Heimbach-Steins wesentlich miterarbeitetes, noch nicht veröffentlichtes Grundlagenpapier hervorgegangen ist (die thematische Arbeit in diesem Kontext wird über den Berichtszeitraum hinaus fortgesetzt); andererseits in der Konzeption des Jahrbuch-Bandes 53 (2012) (vgl. oben 2.3) sowie in eigenen Studien. Darin wird erstens die Annahme geprüft, sozialethisch liege die Entsprechung zu einer Lebenslaufpolitik in einem Politikkonzept, das dem Ziel der Ermöglichung von Verantwortung verpflichtet ist; zweitens wird nach dem genuinen Ertrag einer sozialethischen Rezeption der Lebenslaufkategorie gefragt: Dieser wird in einer ethischen Neugewichtung der Kategorie Zeit und einer entsprechenden Differenzierung des normativen Instrumentariums der christlichen Sozialethik gesehen.

In das Feld kontextueller Gerechtigkeitsreflexion gehört schließlich das Thema Geschlechtergerechtigkeit, das sowohl in gesellschafts- und sozialpolitischer als auch in ekklesiologisch-kirchenpolitischer Hinsicht zu den kontinuierlich bearbeiteten Forschungsthemen von Marianne Heimbach-Steins gehört. Im Berichtszeitraum sind dazu mehrere Beiträge (Aufsätze, Vorträge) zu verzeichnen; Schnittstellen zeigen sich zu den Fragen von Religionsfreiheit und Religionspolitik, zu Bildungsethik und zur Lebenslaufpolitik.