Dekan Prof. Leonhard und PD Dr. Wasmaier-Sailer
© Seminar für Philosophische Grundfragen der Theologie

„Das Bild von Gott als Ursprung und Erlöser. Ein Bild unter Spannung“

Antrittsvorlesung von PD Dr. Margit Wasmaier-Sailer am 9. Januar 2018

Am Dienstag, den 9. Januar 2018, hielt PD Dr. Margit Wasmaier-Sailer, seit letztem Sommersemester Privatdozentin unserer Fakultät, ihre Antrittsvorlesung mit dem Titel „Das Bild von Gott als Ursprung und Erlöser. Ein Bild unter Spannung“. Wasmaier-Sailers Vortrag setzte bei der Frage an, wie heute noch von Gott gesprochen werden könne. In ihrer Ausführung ging es Wasmaier-Sailer besonders um die Formen der Erzählung und der Metaphysik, in denen sie eine Weise erkenne, „Erfahrung zu artikulieren“ und Wahrheit zu beanspruchen. Aus dieser Definition wurde das Anliegen von Wasmaier-Sailer  deutlich, gegen das gängige Vorurteil zu argumentieren, bei der Metaphysik handle es sich um „eine rückwärtsgewandte Auffassung von Wirklichkeit“. Daraus folge für sie die These: „Wir kommen gar nicht umhin, metaphysisch zu denken, weil unserer Erfahrung […] immer auch die Gestalt von Metaphysik annimmt.“

PD Dr. Wasmaier-Sailer und Prof. Dr. Dr. habil. Müller
© Seminar für Philosophische Grundfragen der Theologie

Das eigentliche Thema ihrer Antrittsvorlesung drehte sich jedoch um gegenwärtige Transformationen des christlichen Gottesbildes sowie des Metaphysikverständnisses angesichts der herausfordernden Verhältnisbestimmungen von Theologie und Wissenschaft sowie der Religionen untereinander. Hieran zeige sich eine grundsätzliche Spannung des christlichen Glaubens zwischen dem Bild von Gott als Ursprung und dem Bild von Gott als Erlöser dieser Welt. Diese Spannung veranschaulichte sie an zwei aktuellen Beispielen. Die kürzlich entbrannte Diskussion um die rechte Übersetzung der 6. Vaterunser-Bitte sowie wie die schon länger anhaltende Debatte um das Gewaltpotential des Monotheismus verbinde folgendes Dilemma: „Wer von einem Ursprungsdenken her kommt, muss das Abgründige in Gott in Kauf nehmen, und wer von einem Erlösungsdenken her kommt, muss ein dualistisches Denken in Kauf nehmen.“ Von beiden Debatten hänge das Selbst-, Welt- und Gottesverhältnis ab.

Mit Blick auf die Gottesbildtransformationen präsentierte sie eine Rekonstruktion von Panentheismus und Theismus, welche die  argumentativen Vor- und Nachteile der jeweiligen Positionen hinsichtlich des Ursprungs- und Erlösungsgedanken auslote. Sie kam zu der Erkenntnis, dass die Stärke der Einen die Schwäche der Anderen seien und umgekehrt: Während der Panentheist Gott als letzten Ursprung von allem denken könne, „damit aber letztlich die christliche Erlösungsperspektive aufzugeben“ drohe, könne der Theist „am Erlösungsgedanken festhalten, gerät damit aber in Konflikte mit dem Ursprungsgedanken“. Wie lassen sich angesichts dieses Dilemmas nun Ursprung und Erlösung zusammendenken? Für Wasmaier-Sailer nur unter Hinzunahme zwei weiterer Pole: die Freiheit des Menschen und die Eigenständigkeit der Welt gegenüber Gott, die die besagte Spannung zwar entlasten, jedoch nicht auflösen.

PD Dr. Wasmaier-Sailer sprach zum Thema: „Das Bild von Gott als Ursprung und Erlöser. Ein Bild unter Spannung“.
© Seminar für Philosophische Grundfragen der Theologie

In Anknüpfung an die eingangs erörterte Definition von Metaphysik, skizzierte Wasmaier-Sailer einen Standpunkt, von dem aus ihr ein Gespräch zwischen Panentheismus und Theismus möglich erscheine. Dazu ergänzte sie Kants Ausführungen zu den „unabweisbaren Fragen“ der Metaphysik um ihr eigenes Verständnis von Metaphysik als „geronnener Erfahrung“, indem sie das zur Disposition gestellte Dilemma zwischen Ursprungs- und Erlösungsdenken als spannungsreiche Antwort auf dieses „Bedürfnis der menschlichen Vernunft“ interpretierte.

[Dr. Fana Schiefen]