Schallimmissionsschutz in Genehmigungsverfahren von Windenergieanlagen Empfehlungen des Arbeitskreises "Geräusche von Windenergieanlagen", Oktober 1999

An der Erstellung der Empfehlungen haben Vertreter folgender Institutionen mitgearbeitet: Niedersächsisches Landesamt für Ökologie, Niedersächsisches Umweltministerium, Staatliches Gewerbeaufsichtsamt Kiel, Landesumweltamt NRW, Landesamt für Umwelt und Natur MV, Hessische Landesanstalt für Umwelt, Staatliches Amt für Umweltschutz Magdeburg, Landesumweltamt Brandenburg, Bayerisches Landesamt für Umwelt, Windtest-Kaiser-Wilhelm Koog GmbH, Deutsches Windenergie-Institut (DEWI), Wind-consult GmbH.

Der Länderausschuss für Immissionsschutz (LAI) hat auf seiner 99. Sitzung im Mai 2000 die Empfehlungen des Arbeitskreises "Geräusche von Windenergieanlagen" zustimmend zur Kenntnis genommen und den Immissionsschutzbehörden der Bundesländern empfohlen, nach diesen Empfehlungen zu verfahren.


Windenergieanlagen (WEA) sind nicht genehmigungsbedürftige Anlagen nach § 22 BImSchG und bedürfen einer Baugenehmigung. Sie sind so zu errichten und zu betreiben, dass

1. schädliche Umwelteinwirkungen verhindert werden, die nach dem Stand der Technik vermeidbar sind, und

2. nach dem Stand der Technik unvermeidbare schädliche Umwelteinwirkungen durch weitergehende Maßnahmen auf ein mit verhältnismäßigem Aufwand nicht zu unterschreitendes Mindestmaß beschränkt werden.

Im Baugenehmigungsverfahren ist durch die zuständige Baubehörde zu prüfen, ob die WEA den Anforderungen aus § 22 Abs. 1 BImSchG entsprechen, ggf. ist die Baugenehmigung nur mit entsprechenden Auflagen zu erteilen. Im Rahmen dieser Prüfung wird die Baubehörde in der Regel eine Stellungnahme der zuständigen Immissionsschutzbehörde einholen.

Zur immissionsschutzrechtlichen Bewertung, insbesondere der nachbarlichen Belange, sind die Verfahrensregelungen und Anforderungen der TA Lärm zu beachten. In den nachfolgenden Hinweisen werden die Anforderungen der TA Lärm an die Ermittlung der Emissionen und die Durchführung von Immissionsprognosen im Rahmen der Errichtung und des Betriebs von WEA konkretisiert.

Die Hinweise wenden sich sowohl an die Bau- und Immissionsschutzbehörden als auch an die Planer von WEA.

1. Emissionsmessungen

Die Anforderungen an die Schallmessung und Auswertung sind in den Technischen Richtlinien für Windenergieanlagen, Teil 1 "Bestimmung der Schallemissionswerte" (Herausgeber: FGW, Fördergesellschaft für Windenergie e.V., Weidestraße 126 , 22083 Hamburg, unter Mitwirkung des Arbeitskreises "Geräusche von Windenergieanlagen" der Immissionsschutzbehörden und Messinstitute), beschrieben. Diese Richtlinie enthält - in der jeweils aktuellen Fassung - die gültigen nationalen und internationalen Normen, die entsprechend konkretisiert worden sind. Emissionsmessungen sollten nach den Mess- und Auswertevorschriften dieser Technischen Richtlinie durchgeführt werden.

Es muss gewährleistet sein, dass die Anlage während der Schallmessungen wie während der Vermessung der Leistungskurve betrieben wird. Die Genauigkeit des elektrischen Wirkleistungssignals zum Zwecke der Schallmessung sollte nachgewiesen bzw. angegeben werden. Dabei soll die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe aus der gemessenen elektrischen Leistung bestimmt werden und auf die standardisierte Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe bezogen werden. Schallmessungen nach Inbetriebnahme der WEA sollten aus Vergleichbarkeitsgründen ebenfalls nach der Technischen Richtlinie erfolgen.

Ergänzend zu den Vorgaben der Technischen Richtlinie werden auch akustische Vermessungen durch Messstellen anerkannt, die ihre Kompetenz z.B. durch die Teilnahme an regelmäßigen Ringversuchen zur akustischen Vermessung von Windenergieanlagen nach Technischer Richtlinie nachweisen.

2. Schallimmissionsprognosen

Die Schallimmissionsprognose ist nach Nr. A. 2 der TA Lärm durchzuführen. Für die Immissionsprognose ist grundsätzlich der Schallleistungspegel zu verwenden, der gemäß Technischer Richtlinie bei einer Windgeschwindigkeit von 10 m/s in 10 m Höhe über Boden, aber bei nicht mehr als 95 % der Nennleistung ermittelt wurde. Bei üblichen Nabenhöhen von 40 m bis 70 m liegt die Windgeschwindigkeit in Nabenhöhe dann bei etwa 12 bis 14 m/s, so dass bei den meisten Anlagen die Leistungsabgabe im Bereiche der Nennleistung liegt.

Wenn infolge ständig vorherrschender Fremdgeräusche (z.B. windinduzierte Geräusche) keine zusätzlichen schädlichen Umwelteinwirkungen durch die zu beurteilende Anlage zu berücksichtigen sind, kann in Anlehnung an die Regelungen der Nr. 3.2.1 Abs. 5 der TA Lärm verfahren werden.

Bei der Fremdgeräuschmessung ist darauf zu achten, dass Abrissgeräusche am Mikrofon vermieden werden. Der Vertrauensbereich für den LAF95-Pegel des Fremdgeräusches ist nach der VDI-Richtlinie 3723 Bl. 1 (Mai 1993) zu berechnen und soll höchstens 1,5 dB betragen. Dabei ist z.B. nach Windgeschwindigkeit zu schichten.

Hinsichtlich der zu berücksichtigenden Tonzuschläge wird die bisherige Verfahrensweise (KTN: Tonhaltigkeit bei Emissionsmessungen im Nahbereich nach der Technischen Richtlinie gemessen, KT: Tonzuschläge, die bei Entfernungen über 300 m für die Immissionsprognose zu verwenden sind) festgelegt:

0 <= KTN <= 2 Tonzuschlag KT von 0 dB
2 < KTN <= 4 Tonzuschlag KT von 3 dB
KTN > 4 Tonzuschlag KT von 6 dB

 

Die der Schallimmissionsprognose zu Grunde gelegten Emissionswerte sind im Sinne der Statistik Schätzwerte, die den wahren Wert innerhalb eines Vertrauensbereiches eingrenzen. Bei der Prognose ist daher die obere Vertrauensbereichsgrenze für den Schätzwert heranzuziehen. Da diese Vertrauensbereichsgrenze in der Regel nicht bekannt ist, wird für die Immissionsprognose der Emissionswert um 2 dB erhöht (Sicherheitszuschlag im Sinne der oberen Vertrauensbereichsgrenze). Wird danach der Immissionsrichtwert - rechnerisch - um bis zu 2 dB überschritten, kann die Anlage dennoch genehmigt werden, wenn sich der Betreiber in Eigenbindung bereit erklärt, den Nachweis der Einhaltung der Immissionsrichtwerte durch eine Nachmessung nach Technischer Richtlinie auf eigene Kosten zu erbringen (in Anlehnung an Nr. A. 3.4 TA Lärm). 

Auf die Möglichkeit nachträglicher Anordnungen im Einzelfall gem. Nr. 5.2 der TA Lärm sollte im Baugenehmigungsbescheid hingewiesen werden.

Sind mehrere Anlagen gleichen Typs vermessen worden (nach DIN ISO 4871, s. IEA-Empfehlung, Anh. 7), ist der Sicherheitsabstand zum Immissionsrichtwert durch die Differenz (oberer Vertrauensbereichswert - Mittelwert) des Emissionswertes gegeben.

Als Übergangsregelung können bis zum *) ................................. auch Messberichte vorgelegt werden, bei denen die Anlage lediglich bezogen auf 8 m/s Windgeschwindigkeit in 10 m Höhe vermessen wurde. In diesen Fällen ist bei der Prognose ein Sicherheitszuschlag von 3 dB(A) zu berücksichtigen. Im Übrigen gilt das o.a. Verfahren.

 

1 Die derzeit aktuelle Fassung ist diejenige vom 1.1.2000
*) Der Termin bedarf einer landesspezifischen Regelung

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