Koalitionsvertrag zur Energiepolitik (Wortlaut)


3. Moderne Energiepolitik

3.1. Zukunftsfähige Energieversorgung sicherstellen

Die neue Bundesregierung wird eine zukunftssichere, umweltverträgliche und kostengerechte Energieversorgung sicherstellen. Erneuerbare Energien und Energieeinsparung haben dabei Vorrang; dazu gehört auch ein 100.000-Dächer-Programm. 

Die Umstrukturierung der Energieversorgung muß den technologischen, ökologischen und energiewirtschaftlichen Erfordernissen Rechnungen tragen. Wegen ihrer großen Sicherheitsrisiken mit der Gefahr unübersehrbarer Schäden ist die Atromkraft nicht zu verantworten. Deshalb wird die neue Bundesregierung alles unternehmen, die Nutzung der Atomkraft so schnell wie möglich zu beenden. 

Noch in diesem Jahr wird die neue Bundesregierung zu Gesprächen über einen neuen Energiekonsens einladen. Gemeinsam mit der Energieiwrtschaft sollen die Weichen gestellt werden für den Weg zu einem neuen, zukunftsfähigen Energiemix ohne Atomkraft. 

Die neue Bundesregierung wird die Entwicklung zukunftsfähiger Energieversorgungssysteme und wirksame und wirksame Maßnahmen zur Energieeinsparung fördern. Sie ist der Überzeugung, daß der Einstieg in neue Energiestrukturen von wachsender wirtschaftlicher Dynamik gekennzeichnet sein wird. Dabei geht es insbesondere um einen diskriminierungsfreien Netzzugang durch eineklare rechtliche Regelung und die schafung und Sicherung fairer Marktchancen für regenerative und heimische Energien und eine gerechte Verteilung der Kosten dieser zukunftsfähigen Energien. Die neue Bundesregierung wird den Kohlekompromiß von 1997, der betriebsbedingte Kündigungen ausschließt, umsetzen. 

Die neue Bundesregierung wird sich gemäß ihrem Grundsatz "Vorrang der Einsparung vor der Erzeugung" mit einem breiten Maßnahembündel der Förderung von Einspartechnologien widmen, nicht zuletzt auch angesichts der großen Exportchancen. 

Die neue Bundesregierung wird die Hemmnisse beseitigen, die heute noch eine verstärkte Nutzung regenerativer Energien und den breiteren Eindatz der Kraft-Wärme-Kopplung behindern. 

Die neue Bundesregierung wird Instrumentarien entwickeln, die zur Anpassung der Strompreise in den neuen Ländern an das Westniveau führen. 

3.2. Ausstieg aus der Atomenergie 

Der Ausstieg aus der Nutzung der Kernenergie wird innerhalb dieser Legislaturperiode umfassend und unumkehrbar gesetzlich geregelt. Dazu vereinbaren die Koalitionsparteien folgendes schrittweises Verfahren. 

In einem ersten Schritt wird als Teil des 100-Tage-Programms eine erste Änderung des Atomgesetzes mit folgendem Inhalt eingebracht: 

   -   Streichung des Förderzwecks 

   -   Einführung einer Verpflichtung zur Sicherheitsüberprüfung, vorzulegen binnen eines Jahres 

   -   Klarstellung der Beweislastregelung bei begründetem Gefahrenverdacht 

   -   Beschränkung der Entsorgung auf die direkte Endlagerung 

   -   Aufhebung der Atomgesetz-Novelle von 1998 (mit Ausnahme der Umsetzung von EU-Recht) 

   -   Erhöhung der Deckungsvorsorge. 

 Im zweiten Schritt wird die neue Bundesregierung die Energieversorgungsunternehmen zu Gesprächen einladen, um eine neue Energiepolitik, Schritte zur Beendigung der Atomenergie und Entsorgungsfragen möglichst im Konsens zu vereinbaren. Die neue Bundesregierung setzt sich hierfür einen zeitlichen Rahmen von einem Jahr nach Amtsantritt. 

Als dritten Schritt wird die Koalition nach Ablauf dieser Frist ein Gesetz einbringen, mit dem der Ausstieg aus der Kernenergienutzung entschädigungsfrei geregelt wird; dazu werden die Betriebsgenehmigungen zeitlich befristet. Der Entsorgungsnachweis wird angepaßt. 

 Zur Entsorgung vereinbaren die Koalitionsparteien folgendes: 

-  Die Koalitionsparteien sind sich einig, daß das bisherige Entsorgungskonzept für die radioaktiven Abfälle inhaltlich gescheitert ist und keine sachliche Grundlage mehr hat. Es wird ein nationaler Entsorgungsplan für die Erblast der radioaktiven Abfälle erarbeitet. 

- Für die Endlagerung aller Arten radioaktiver Abfälle reicht ein einziges Endlager in tiefen geologischen Formationen aus. 

-  Zeitlich zielführend für die Endlagerung aller Arten radioaktiver Abfälle ist die Beseitigung hochradioaktiver Abfälle etwa im Jahr 2030. 

-  An der Eignung des Salzstocks in Gorleben bestehen Zweifel. Daher soll die Erkundung unterbrochen werden und weitere Standorte in unterschiedlichen Wirtsgesteinen auf ihre Eignung untersucht werden. Aufgrund eines sich anschließenden Standortvergleichs soll eine Auswahl des in Aussicht zu nehmenden Standorts getroffen werden. 

-  Die Einlagerung radioaktiver Abfälle in Morsleben wird beendet. Das Planfeststellungsverfahren bleibt auf die Stillegung beschränkt. 

-  Grundsätzlich hat jeder Betreiber eines Atomkraftwerks am Kraftwerkstandort oder in der Nähe Zwischenlagerkapazitäten zu schaffen. Bestrahlte Kernbrennstoffe dürfen nur dann transportiert werden, wenn am Kraftwerk keine genehmigten Zwischenlagerkapazitäten existieren und dies vom Kraftwerksbetreiber nicht zu vertreten ist. Die Zwischenlager werden nicht zum Zweck der Endlagerung genutzt. 

 

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