Universität Münster besucht Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG
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Studium der Pharmazie und industrielle Praxis: Universität Münster besucht Dr. Willmar Schwabe

  • Was wäre theoretisches Lernen ohne zu sehen, wie die Praxis funktioniert?
  • Was wäre ein Pharmaziestudium ohne Exkursionen?
  • Wo sind die Schnittstellen zwischen akademischem Lernen und industrieller Produktion?
  • Was macht eigentlich ein Industrieapotheker?

Diese Fragen beschäftigten 55 Studierende der Pharmazie der Universität Münster am 19. Oktober 2017 im Rahmen einer Industrieexkursion zur Firma Dr. Willmar Schwabe GmbH & Co. KG in Karlsruhe. Gerne sind Studierende und Dozenten unter Leitung von Prof. Dr. Andreas Hensel vom Institut für Pharmazeutische Biologie und Phytochemie der Einladung zu einer hochkarätigen wissenschaftlichen Vortrags-, Diskussions- und Besichtigungsveranstaltung gefolgt.

Die Gruppe machte sich am Vortag aus Münster auf den Weg ins Badische um in gemütlicher Runde das abendliche Karlsruhe und auch ein wenig das diesbezügliche Nachtleben kennenzulernen. Am nächsten Morgen startete die Veranstaltung mit einer kurzen Vorstellung des Unternehmens. Es wurden ausführlich die teilweise recht komplexen Probleme der Zulassung und Qualität von Phytopharmaka erörtert. Ein intensiver Diskussionspunkt war die Frage nach zukünftigen Innovationen und welche Möglichkeiten bestehen, die restriktiven Anforderungen für Phyto-Neuzulassungen zu erfüllen, um nicht ausschließlich auf dem Sektor der traditionellen Registrierungen zu verharren. Dass auch Qualitätssicherungsaspekte durchaus trickreich und anspruchsvoll sein können, wurde anhand von aktuellen Verfälschungsproblematiken bei Gingkoextrakten aus dem wenig kontrollierten Weltmarkt dargestellt. In einem weiteren Vortrags- und Diskussionsblock wurde die Thematik der Aufgabe und Funktion der präklinischen und klinischen Forschung in der Phytopharmakaindustrie präsentiert und diskutiert, wobei die Bearbeitung dieser Themenfelder mit aussagekräftigen Datensätzen zur Evidenz rationaler Phytotherapeutika durch die Firma Schwabe als Vertreter der forschenden Pharmaindustrie von allen Beteiligten hervorgehoben wurde. Intensiv wurde die Frage nach Qualitätsunterschieden generischer Produkte im Vergleich mit Originalpräparaten diskutiert.

Nach dem theoretischem Block stand eine Besichtigung der Labore der analytischen Entwicklung, der präklinischen Forschung (Phytochemie und Pharmakologie) sowie der galenischen Entwicklung in Kleingruppen an, wobei durchaus von einigen Studierenden der Vergleich mit den studentischen Praktikumsräumen gezogen wurde - klar, Drogenanalytik, Naturstoffchemie, analytische Methoden, Arzneimittelentwicklung und –prüfung werden auch im Pharmaziestudium gelehrt. Schön, dass die Studierenden sehen konnten, dass die instrumentellen Techniken und Methoden aus dem Studium in der industriellen Praxis wieder auftauchen – so ganz praxisfern scheint das Studium dann doch wohl nicht zu sein?

Es erfolgte dann die Einführung in die Praxis der Ginkgoextrakt-Herstellung, zuerst mittels eindrucksvollem Videofilm, dann in der Extracta-Produktionsanlage vor Ort. Beeindruckend für alle waren die Dimensionen der eingesetzten Technologien und die Effizienz, um viele Tonnen Blattmaterial schnell und sicher zu einem qualitativ hochwertigen Produkt zu verarbeiten. Am Ende der Veranstaltung stand noch eine kurze Präsentation und Diskussion zum Berufsbild der Apothekerinnen und Apotheker in der Pharmaindustrie an, wobei die Bedeutung dieses Berufsstandes in allen Bereichen der Industrie vermittelt wurde. Dass der überwiegende Teil der Industrieapotheker den naturwissenschaftlichen Doktortitel tragen, sollte nichtpromovierte Pharmazeuten ausdrücklich nicht davon abhalten, sich in der Industrie zu bewerben.

Prof. Hensel dankte im Namen der Gruppe allen Beteiligten der Firma Schwabe sehr herzlich für die Gastfreundschaft, die tolle Bewirtung und für die wissenschaftlich sehr fruchtbaren Exkursionstage. Alle waren sich einig: Exkursionen machen Spaß und vertiefen die Lernziele hervorragend! Und wenn dann noch klar wird, dass moderne Phytopharmaka rationale, gut dokumentierte Arzneimittel mit hohem Qualitätsstatus sind, dann sollte das ein Ansporn für jeden pharmazeutisch-biologisch interessierten Pharmazeuten sein, in diesem Bereich weiter intensiv zu arbeiten, zu forschen, zu lehren und zu produzieren.

Andreas Hensel