Barcelona – die lebendige Stadt

Das erste Mal, als ich in Barcelona war, kam ich in einer Nacht im August um kurz vor 12 an und war auf dem Weg vom Flughafen zur Wohnung einer katalanischen Freundin, die ich während des Erasmus-Aufenthaltes im Zuge meines Pharmaziestudiums in Kuopio, Finnland kennengelernt hatte.

Sie wohnte im Viertel Sants und ich habe die ganze Zeit nur diese hässlichen, vollgesprühten Rollläden gesehen und mich gar nicht so wohl gefühlt. Aber schon am nächsten Tag, als ich auf ihrem kleinen Balkon stand mit einem Kaffee in der Hand, hat sich dieses Gefühl geändert. Mit jedem weiteren Tag, den ich in Barcelona verbracht habe, mochte ich die Stadt etwas mehr. Jetzt, fast zwei Jahre später, habe ich mein Herz endgültig an diese wundervolle Stadt verloren. Ich bin nun seit zwei Monaten hier, das erste Drittel meines Praktikums habe ich schon hinter mir und ich merke jetzt schon, dass die Zeit viel zu schnell vergeht. Ich mache ein halbjähriges Praktikum in einer Krankenhausapotheke in einem Vorort von Barcelona im Rahmen des praktischen Jahres des Pharmaziestudiums. Und in diesem Blogeintrag möchte ich euch die Stadt Barcelona etwas näherbringen –  aus meiner ganz persönlichen Sicht:

Barcelona ist für mich die lebendige Stadt, Barcelona schläft nie. Das sagt man zwar auch von Berlin, aber in Barcelona spielt sich das Leben einfach noch viel mehr auf der Straße ab. Was macht die Stadt so lebendig?

Einerseits sind es die Touristen aus aller Welt, die die Straßen füllen. Und ja, die Touristen mit ihren Selfie-Sticks und Sonnenbränden sieht man täglich an allen großen Plätzen und sie nerven ein bisschen, aber in gewisser Weise bin ich ja selbst ein Tourist. Und abseits von den großen Plätzen und touristischen Pfaden gibt so unendlich viele schöne Ecken, wo man das katalanische Leben entdecken kann.

Apropos Katalanen: Sie sind der zweite und meiner Meinung nach wichtigere Grund, der die Stadt so lebendig macht. Unter den Spaniern gelten sie als die knausrigen Sparfüchse, was ein Grund dafür sein könnte, dass Katalonien das ökonomisch stärkste Bundesland ist. Und das wiederum ist einer der Gründe, warum so viele Katalanen die Unabhängigkeit Kataloniens möchten und unentwegt dafür kämpfen. Die Flagge der sogenannten „Independistas“ sieht man an ganz vielen Häusern in Barcelona. Sie besteht aus der katalanische Flagge der vier roten Streifen auf gelben Grund in Kombination mit dem weißen Stern auf blauem Grund für die Unabhängigkeit. Flagge zeigen zu jedem möglichen Anlass ist eine Sache, die mir sehr stark aufgefallen ist. Und Anlässe gibt es viele, wie die Viertelfeste, wo es Konzerte umsonst & draußen gibt und die Nachbarschaften Aktionen organisieren, die Straßen dekorieren und in den Straßen gefeiert wird. Dort sieht man weitere Traditionen: die „Castellers“ – die menschlichen Türme; wie Menschen „Sardana“ – den katalanischen Volkstanz – tanzen; oder den „Correfoc“ – den Feuerlauf, wo kleine und große Feuerteufel die Straße mit Feuerwerk erhellen und alle wild durcheinanderlaufen. Und natürlich wird währenddessen immer Katalanisch gesprochen. Es ähnelt dem Spanischen sehr, ist aber eine eigene Sprache. Man muss allerdings schon einige katalanische Schlüsselwörter kennen, um den ganzen Satz verstehen zu können.

Den Unterschied zwischen Spanisch und Katalanisch kann man vielleicht vergleichen mit dem Unterschied zwischen Deutsch und Holländisch. Die katalanischen Traditionen und die katalanische Sprache waren verboten während der Diktatur Francos, die 36 Jahre lang bis 1975 bestand. Trotzdem sind die Traditionen und die Sprache heute allgegenwertig in Barcelona und es gibt zum Beispiel mehr Menschen, die Katalanisch sprechen als Menschen, die Finnisch sprechen.

Ein Überblick über die katalanischen Traditionen – gefunden als Platzdeckchen in einem Restaurant in Gracia

Der dritte Grund ist einfach zu beschreiben: das Wetter. Sommer, Sonne, Strand und Meer lässt sich hier ganz einfach leben. Dadurch und durch das vielfältige kulturelle Angebot, hat man auch wirklich Lust, immer raus zu gehen und viel zu unternehmen, weil man die obligatorische deutsche Regenjacke für den Fall, dass es kalt werden könnte, einfach nicht benötigt. Ich werde dies bestimmt revidieren, wenn ich vor Hitze umkomme im August.

Was sind nun die wesentlichen Unterschiede zwischen dem Leben in Deutschland und dem Leben in Katalonien, Spanien?

Die Sprache ist natürlich ein großer Unterschied, war für mich aber die kleinere Hürde. Am schwersten für mich war es mich an den Tagesablauf zu gewöhnen. Ich stehe um 6 Uhr auf, frühstücke dann ziemlich direkt. Mittagessen ist aber erst um 15 Uhr angesagt, da ich noch eine Stunde Zug fahre, wird es 16 Uhr. Und Abendessenszeit ist auch erst um 21 Uhr. Um 8h Schlaf zu bekommen, müsste ich aber um 22 Uhr ins Bett gehen. Allerdings gewöhnt man sich an alles. Der Supermarkt ist relativ ähnlich bestückt, nur die Milchprodukteauswahl könnte meiner Meinung nach etwas größer sein. Dafür gibt es frisches Obst und Gemüse im Überfluss und es ist generell etwas günstiger. Essen gehen geht auch nicht so ins Geld, man bekommt teilweise sehr gute Mittagsmenüs (3 Gänge inklusive Wasser) für unter 10€. Einen weiteren Unterschied machen die Menschen aus. Sie sind doch wesentlich offener und vor allem mehr Körperkontakt ist normal. Hier eine Hand auf der Schulter beim Erzählen der neuesten Geschichte vom Wochenende, oder die Chefin, die dir jedes Mal, wenn du sie siehst, den Arm um die Schulter legt und fragt, wie es dir gefällt und ob du viel siehst. Ich persönlich finde das sehr herzlich und nett, man muss nur darauf gefasst sein.

Ich glaube, man merkt, dass es mir hier sehr gut gefällt. Und wenn man einen schlechten Tag hat, dann geht man einfach hinauf zu einem der tollen Aussichtspunkte der Stadt, sei es der Tibidabo mit seinem Freizeitpark oder die Carretera de les Aigües, zusammen mit jungen Leuten aus aller Welt bei den Bunkers del Carmel, das Schwimmbad in Montjuïc oder eine der unzähligen Rooftop-Bars.

Aussicht von der Carretera de les Aigües

Liebe Grüße,

Jana

Ein Gedanke zu „Barcelona – die lebendige Stadt

  1. Hallo Jana!
    Es war sehr interessant deine Beiträge über Barcelona zu lesen, da ich selbst in ein paar Monaten dort ein Praktikum machen werde. Ich wollte dich fragen, ob du vielleicht bezüglich einer Wohnung/Zimmer einen Tipp für mich hast? Du schreibst ja, dass du eine katalanische Freundin hast bzw. hast du während deines Praktikums ja auch irgendwo gewohnt, kannst du mir da vielleicht weiterhelfen? Ich wäre dir wirklich sehr dankbar! Liebe Grüße
    Larissa

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