Tagung "Thinking Modernity – Towards a Reconfiguration of the Relationship between Orthodox Theology and Modern Culture"

03. bis 05. Dezember 2007 (Balamand-Kloster, Libanon)

Veranstaltungsplakat Thinking Modernity

In der heutigen Zeit ist zu beobachten, dass die Anzahl und Vielseitigkeit religiöser Bewegungen, Konfessionen und Kulturen einem ständigen Wachstum unterliegt, sodass die christlichen Kirchen dazu gezwungen sind, neue Wege zu ergründen, um sich in der modernen Welt zu behaupten. Mit dieser Herausforderung der modernen Zeit ist auch die Orthodoxe Kirche konfrontiert. Der Lehrstuhl für Orthodoxe Theologie nimmt sie als Anstoß dafür, in Kooperation mit dem Marienkloster in Balamand und dem Theologischen Institut Sankt Johannes von Damaskus an der Universität von Balamand eine Tagung zu diesem Thema unter dem Motto "Thinking Modernity – Towards a Reconfiguration of the Relationship between Orthodox Theology and Modern Culture" zu organisieren. Unter Beteiligung vieler internationaler Redner findet die Konferenz im Balamand-Kloster im Libanon statt.

Thema und Problematik der Tagung

In den Köpfen vieler Menschen unterliegt das Christentum einer scharfen geographischen Spaltung: Mit der katholischen und protestantischen Konfession wird der westliche Raum verbunden, die christlich-orthodoxe Konfession hingegen wird als Phänomen des Ostens angesehen. Eine solche Wahrnehmung lässt jedoch außer Acht, dass gerade in den letzten Jahrzehnten mit Griechenland, Bulgarien oder Rumänien orthodox geprägte Länder durch den Beitritt zur Europäischen Union an den Westen anknüpfen und an Einfluss gewinnen. Eine Involvierung der Orthodoxie in die westliche moderne Gesellschaft ist zudem dadurch bezeugt, dass auch andere orthodoxe Länder zunehmend westliche Werte und Muster integrieren.
Es fällt also auf, dass mit dem Begriff "Moderne" gerade die westliche Kultur und Zivilisation assoziiert werden – und dies vornehmlich durch Kennzeichen wie den Glauben an Rationalität und Fortschritt, Ordnung und Klarheit sowie die Priorität des menschlichen Subjekts und Demokratie als politisches System.

Wiederum in einem völlig anderen Licht wird das Zeitalter der Moderne unter der Berücksichtigung der Definition "Postmoderne" für die gegenwärtige Ära beleuchtet. Was bedeutet jedoch die explizite Unterscheidung zwischen bereits vergangener Moderne und Postmoderne? Das Augenmerk verlagert sich in der Postmoderne weg von der Fokussierung menschlicher Rationalität, sodass grundlegende, religiöse Werte wieder neu belebt werden. Auf der anderen Seite ruht die Postmoderne auf dem Erbe der Moderne, was an beibehaltenen Werten wie Demokratie, Menschenrechten und der allgemeinen Subjektzentrierung hervorgeht. Im Hinblick auf die Religionen trägt aber gerade letztere dazu bei, dass die Renaissance religiöser Werte speziell in zwei verschiedenen Ausdrucksformen erscheint: Zum einen kreieren die Menschen für sich eine individuelle Religion und Spiritualität, zum anderen wird Religion verabsolutiert und weist fundamentalistische Züge auf.

Vor dem Hintergrund dieser neuen Problematiken ist es für die Orthodoxie auf keinen Fall zu spät, sondern geradezu notwendig, über die Moderne, welche sich durch einen starken Übergang in die Postmoderne auszeichnet, zu reflektieren:
Inwiefern stellt Moderne eine Herausforderung und eine Bedrohung dar – wird doch die Globalisierung von vielen orthodoxen Kirchen als Bedrohung empfunden? In Anlehnung daran wurden und werden von orthodoxen Theologen traditionelle theologische Ideen und Konzepte weiterentwickelt und neu überdacht.

Dies geschieht ebenso auf der Tagung "Thinking Modernity" in Balamand. Als Grundlage des Dialogs zwischen Orthodoxie und Moderne liegt es im besonderen Interesse der Teilnehmer, vorschnellen Urteilen und unüberlegten Generalisationen keinen Nährboden zu bieten. Innerhalb der modernen Ära werden vor allem die letzten zwei Jahrzehnte ins Auge gefasst.

Daraus ergeben sich innerhalb des Umgangs mit der Moderne drei Themenschwerpunkte:
1. Die Hermeneutik beschäftigt sich mit Fragen, die durch Wissenschaften wie Psychoanalyse oder Kommunikationswissenschaften aufkommen; wie heilig sind z. B. Texte zu verstehen und zu interpretieren?
2. Das Gebiet der Kunst wirft die Frage auf, inwiefern Orthodoxie in der Lage ist, ihr ästhetisches Potenzial durch Malerei, Poesie, Musik und Architektur zu entfalten und zu beweisen.
3. Der Aspekt des menschlichen Körpers untersucht den Stellenwert desselben in der Orthodoxen Kirche: Wie ist das anthropologische Erbe der Orthodoxie zu verstehen? Welche neuen Erkenntnisse und Entwicklungen gibt es zu Themen wie Heirat des höheren Klerus, Frauenordination, Homosexualität und Bioethik?


Die Referentinnen und Referenten und Themen im Überblick:


Prof. Dr. Merja Merras
, Joensuu:
"Do we Meet Modernity with Out-of-Date Questions? Hermeneutical Approach to the Dilemma"

Rev. Prof. Dr. John Behr, Saint Vladimir's Orthodox Theological Seminary, New York:
"Returning to First Principles. Articulating Orthodox Theology in a Post-Modern Context"

Pantelis Kalaitzidis, Akademie für Theologische Studien der Metropolie von Demetrias, Volos:
"Création théo-logique et création artistique. Prolégomènes au dialogue entre théologie et littérature moderne"
              
Rev. Prof. Dr. Job Getcha, Institut de Théologie Orthodoxe Saint-Serge, Paris:
"La tradition liturgique byzantine et la modernité"

Prof. Dr. Sergey Horujy, Russische Akademie der Wissenschaften, Moskau:
"Hermeneutics of Human Body According to Hesychast Anthropology"
              
Prof. Dr. Elisabeth Theokritoff, Institute for Orthodox Christian Studies, Cambridge:
"Cosmic Priesthood and the Human Animal"

Dr. Athanasios Papathanasiou, Herausgeber der griechisch-orthodoxen theologischen Zeitschrift Synaxis, Athen:
"An Orphan or A Bride? Human Self, Collective Identities and Conversion"

Prof. Dr. Marcus Plested, Institute for Orthodox Christian Studies, Cambridge:
"The Aesthetics of Sophiology"
           
Prof. Dr. Assaad Elias Kattan, Münster:
"Byzantine Icon. A Bridge Between Theology and Modern Culture?"

Rev. Prof. Dr. Emmanuel Clapsis, Holy Cross Greek Orthodox School of Theology, Brookline:
"The Holy Spirit in the Life of the World. Dialectis of Universal and Particular"

Dr. Daniel Munteanu, Bamberg:
"Man and the Hermeneutics of Truth. Is An Ecumenical Anthropology Possible?"

Tagungsteilnehmer Thinking Modernity

Die Teilnehmer der Tagung