Geschichte und Bedeutung des Ortes Alexandria Troas

 Alexandria Troas wurde kurz nach 310 v. Chr. unter dem Namen Antigoneia von Antigonos Monophthalmos gegründet. Bereits in den Jahren 301/300 v. Chr. wurde es aber von Lysimachos in Alexandria Troas umbenannt. Bis heute ist unklar, ob diese Gründung eine völlige Neugründung oder eine Umbenennung einer schon bestehenden Siedlung gewesen ist. Durch die Umsiedlung der Einwohner vieler umliegender Orte, wie Gargara, Hamaxitos, Neandria, Kolonai, Larisa, Kebren oder Skepsis, nach Alexandria Troas verfügte die Stadt über ein großes kulturelles und wirtschaftliches Potential. Leider ist bisher aus der Zeit des Hellenismus kein inschriftliches Zeugnis entdeckt worden, das umfassende Informationen über die Verhältnisse dieser Epoche liefert.

Erst in römischer Zeit wird durch schriftliche Quellen wie durch Bauten belegt, daß Alexandria Troas eine bedeutende Stadt war - so bedeutend, daß Caesar und später Kaiser Konstantin der Große erwogen, sie zur Hauptstadt des römischen Reiches zu machen. Ein Grund hierfür war die zunehmende Prosperität der Handels- und Hafenstadt Alexandria Troas, die spätestens seit der Zeit Kaiser Hadrians durch zahlreiche prächtige Gebäude verschönert wurde. Ebenso wurde die Stadt durch auswärtige Mäzene unterstützt, wie z.B. durch den Athener Herodes Atticus, der den Wassermangel der Stadt durch die Anlage eines Aquäduktes aufhob. Wirtschaftliche Grundlagen der Stadt waren neben den Salzquellen von Larisa, Bergwerke, Ackerland sowie die Hafengebühren und die Einnahmen für das Apollon Smintheios Heiligtum. Bekannt wurde Alexandria Troas unter anderem auch durch den zweimaligen Besuch des Apostel Paulus, der hier die Vision hatte, nach Europa überzusetzen, um dort das Christentum zu verkünden.

Durch den allmählichen Aufschwung Konstantinopels verlor die Stadt langsam an Bedeutung. Die im Jahr 267 n. Chr. erfolgte Plünderung durch die Goten wirkte sich zusätzlich negativ auf die wirtschaftliche Situation von Alexandria Troas aus. Wann die Stadt letztlich von ihren Bewohnern aufgegeben wurde und welche Gründe dafür ausschlaggebend waren, ist bis heute unklar. Jedenfalls waren die antiken Ruinen noch im Mittelalter von See aus gut sichtbar und haben manchen Reisenden dazu verführt, in ihnen die Überreste des antiken Troja zu sehen.

Eine Metropole am Hellespont

Ein Hochplateau nahe der Küste bildet die äußeren Rahmenbedingung der späteren Metropole. Das Gelände fällt stetig von Osten nach Westen, zum Meer hin ab. Hier ist das Stadtareal von einer Steilküste begrenzt. Dies bedingte, dass der große Hafen nordwestlich der besiedelten Stadt angelegt wurde.

Die Stadtgründung

Mit der Gründung der Stadt wurde um 300 v. Chr. eine gewaltige Stadtmauer von 8 km Länge, mit zahlreichen Türmen und Toren,  sowie der erste Tempel, ein dorischer Peripteros, angelegt. Unweit davon wurden durch geophysikalische Prospektionen Hausgrundrisse vom Typ Pastashaus "Neandria" entdeckt, welche auf eine Siedlung schon zu Beginn des 3. Jh. v. Chr. und vielleicht sogar durch die  Bürger von Neandria in diesem Areal schließen lassen.

Die Koloniegründung

Unbekannt ist bisher der Kern der hellenistischen Stadt. Vielleicht fiel dieser auch dem neuen, römischen Zentrum zum Opfer. Topographisch mitten in der Kolonie errichtete man einen Tempel (Hinweise auf den Umbau eines bestehenden Baues sind spärlich) mit anschließendem Odeion. Nördlich flankiert wurde diese Anlage von einer mächtigen Granitstraße. Diese weist eine gegliederte Stützmauer nach Norden sowie eine mit offenen Gewölben konstruierte Anlage nach Süden auf.
Ein weiteres Kennzeichen des Aufschwungs sind die weitläufigen Terrassierungen, welche sich über große Teil des Stadtareals erstrecken. Häufig treten Mauern mit Opus Reticulatum innerhalb der Stadt und in der Nekropole auf.Entlang der zentralen Granitstraße, welche sich vom äußersten Osten der Stadt bis in das römische Zentrum erstreckte lagen Thermen, das Odeion, der Agoratempel sowie ein Bauwerk mit postamentartigem Charakter.

Das 2. Jahrhundert

Mit Errichtung des Aquäduktes verändert sich wiederum das Stadtbild. Mehrere Thermen wurden errichtet und dadurch Blickachsen innerhalb der Stadt aufgegeben. Nun wurde das Wasser zum bestimmenden Lebens- und Repräsentationselement.

Das 3. Jahrhundert

Nur wenige architektonische Reste geben uns einen Eindruck von der Spätphase der Stadt. Neben einem spätantiken Bau im Zentrum der Stadt sind es vor allem Reparaturarbeiten an schon vorhandenen Bauten, welche uns Einblick in die Zeit geben.
Der bisher erstaunlichste Fund aus dieser Zeit konnte in der Kanalisation der Stadt gemacht werden. Wahrscheinlich zur Zeit der Goteneinfälle, am Beginn der 2. Hälfte des 3. Jhs. n. Chr. ereignete sich eine Tragödie im Schacht unterhalb des augusteischen Tempels. Zahlreiche Silbermünzen wurden in unmittelbarer Nähe eines Frauenskeletts gefunden.

Stadtaufgabe - Verfall - Wiederentdeckung

Kaum Anzeichen für eine Erholung der Stadt kennzeichnen die folgenden Jahrhunderte. Vereinzelt finden sich noch Überreste Spätantiker Bauwerke, doch steht die Stadt ganz im Zeichen der Ausbeutung. Ihre günstige  Lage am Meer, einst die Grundlage des Aufstieges bedingt nun den stetigen Verfall und das aufstrebende Konstantinopel bemächtigt sich Status und Architektur der einstigen Metropole.

Seit dem 15. Jahrhundert wurden zahlreiche Beschreibungen, Skizzen und Zeichnungen der verfallenen Stadt angefertigt. Diese markieren dabei sowohl das Ende der Stadt wie den Beginn der Auseinandersetzung mit dieser und damit den Anfang der wissenschaftliche Erforschung.