Titusneu 

Der römische Feldherr Titus Andronicus kehrt siegreich aus dem Krieg gegen die (vermeintlich) barbarischen Goten zurück. In seiner Heimat ist während seiner Abwesenheit ein Kampf um die Kaiserkrone entbrannt. Ruhmreich, aber des Kampfes und der Politik müde, begeht Titus gleich zu Beginn zwei entscheidende Fehler: Er lehnt die ihm angebotene Herrschaft ab und überlässt damit dem neurotischen Prinzen Saturninus den Thron. Außerdem lässt er - traditionellem Kriegsrecht anhängend - den ältesten Sohn der Gotenkönigin Tamora vor deren Augen grausam hinrichten. Diese schwört unbarmherzige Rache und damit entspinnt sich ein Netz aus Gewalt und Exzessen, aus dem es kein Entrinnen gibt.

 

TITUS ANDRONICUS ist ein blutiges, zotiges und zugleich hellsichtiges Schauspiel, in dem alles Politische zur Farce generiert. Es ist eine Meditation über die Natur des Bösen und darüber, welche Untaten unter dem Deckmantel von Wahrheit, Ehre und Recht begangen werden. Für Liebe gibt es in der Welt des Stückes nur Platz, wenn sie mit Verlangen verwechselt wird oder als überzogene Zuneigung zwischen Eltern und Kindern ihre Ausprägung findet. Zudem spielt Shakespeare mit dem damals beliebten Genre der Rachetragödie, in welchem die Ausstellung von Grausamkeiten, Leid und Schmerzen zur Unterhaltung des Publikums im Vordergrund stand, indem er deren Motive und Darstellungsmuster satirisch überzieht.

 

Mit TITUS ANDRONICUS inszeniert die English Drama Group Münster unter der Leitung von Iris Adamzick, sonst eher dem zeitgenössischen englischsprachigen Theater zugeneigt, nach langer Zeit wieder ein Shakespearedrama. Zentrales Thema des Stücks ist die Absurdität von Gewalt und deren Entstehungsprozess; die Aktualität dieser Thematik versucht die EDG in ihrer modernen Lesart des TITUS besonders hervorzuheben.