Radio-Interview

Alle sehen weiße Kaninchen

Dr. Chumley (Uwe Rasch) fühlt sich von dem weißen Kaninchen verfolgt, das die Zeit anhalten kann.

Münster. Tosenden Applaus erntete die English Drama Group für die Premiere ihres neuen Stückes „Harvey“ von Mary Chase. Die turbulente Verwechslungskomödie um den liebenswerten Elwood P. Dowd, alias Richard Pollex, war ein voller Erfolg. Dabei ist der Star des Abends unsichtbar. Aber immerhin ist „Freund Harvey“ ein weißes, sechs Fuß großes Kaninchen.
Mirja Wenker ist als Elwoods Nichte Myrtle Mae eine optimale Besetzung, die beleidigt an den Nägeln kaut, wenn ihr Onkel wieder alle Gäste vergrault. Und mit ihrem liebenswerten und etwas naivem Gekicher gewann auch Stephanie Escudeiro Kießling als kleine Krankenschwester Kelly das Publikum im Handumdrehen für sich.
Nicht zuletzt lieferten sowohl Elwood wie auch Harvey ausgezeichnetes Theater. Guter Rhythmus und überzeugende Schauspieler rissen die Zuschauer mit, bei der Suche nach Dr. Chumley (Uwe Rasch) der nach Elwood sucht. Der wiederum vermisst seinen besten Freund Harvey. Zu guter Letzt begegnet Chumley jenem Harvey und fühlt sich von dem Riesenkaninchen zunächst verfolgt. Als Elwood ihm jedoch erzählt, dass Harvey über die Fähigkeit verfügt, die Zeit anzuhalten, will sich der Doktor gar nicht mehr von dem fabelhaften Nager trennen.
Sarah Giese brillierte als Elwoods aufgeregte Schwester Veta, die ihren Bruder in die Heilanstalt stecken will, um endlich ein normales Leben ohne unsichtbares Riesenkaninchen führen zu können. Manchmal, so gesteht sie dem jungen Dr. Sanderson, glaube sie schon selbst daran, Harvey zu sehen.
Am Ende des Stückes sind sich wohl selbst die Zuschauer nicht mehr sicher, ob es Harvey gibt oder nicht. Türen öffnen und schließen sich. Ist da grad’ ein großes weißes Kaninchen über die Bühne gehoppelt?
„Ich glaube Richard war es, der Harvey anschleppte“, berichtet Uwe Rasch über die dreimonatigen Proben. „Er traf ihn, grad als wir einen Darsteller für diese Rolle brauchten, unter einer Laterne“, fährt Rasch fort. Es habe Spaß gemacht, mit Harvey zu spielen. Nur leider hätte dieser häufiger seinen Text nicht gelernt und dadurch alle aus dem Konzept gebracht, verrät der Schauspieler, der eindrucksvoll den von Harvey verfolgten Dr. Chumley mimte.
„Harvey“ ist ein großer Spaß, der durch die ausdrucksstarke Mimik der Darsteller und unmissverständliche Betonung auch ohne besondere Englischkenntnisse zu verstehen ist: So kurz vor den Sommerferien besonders für Schulklassen ein heißer Tipp. Weitere Vorstellungen werden am 19., 20. und 26. Juni jeweils um 20 Uhr auf der Studiobühne zu sehen sein.

VON ASTRID HILBERT