Nabatäer


  1. Dokumentation und Analyse der Votivnischen und Betyle in Petra (seit 1995)

(siehe Bibliographie Nr. 77, 78, 97, 103, 121, 135, 136, 149, 156, 158, 169, 177, 178)

Die größte Denkmalgruppe nabatäischer Kunst stellen nicht die berühmten Grabfassaden, sondern die meist unscheinbaren Votivnischen in Petra dar, denen sich Gustav Dalman 1908 zuerst ausführlicher gewidmet hat. Ein systematischer Survey in Petra – für die Osthälfte mit 840 Nischen abgeschlossen und in Publikationsvorbereitung – hat die Anzahl der Nischen gegenüber Dalman mehr als verdoppelt, geschätzt rund 1500. Es handelt sich um in den Fels gehauene kleine Nischen, in denen ein anikonisches Gottessymbol, der hochrechteckige plattenförmige Betyl, dargestellt war bzw. in die ein mitgebrachter Betyl eingestellt werden konnten. Da die Nischen bis auf ganz wenige Ausnahmen ohne Beischriften erhalten sind und damit auch die Frage nach der im Betyl dargestellten Gottheit in der Regel nicht beantwortet werden kann, kommt den Kontexten der Nischen Bedeutung zu, fragt man nach der Funktion der Nischen. Zugleich geben die Nischen Auskunft über die religiöse Praxis der Nabatäer und über die tribale Struktur dieser Gesellschaft.

Petra D
Petra, as-Siq, Votivnische D. 144

  1. Petra, Ausgrabungsprojekt „International Aslah-Project"

(siehe Bibliographie: Nr. 148, 160, 163, 170, 171, 173)
Eingebunden als hauptbeteiligter Wissenschaftler im deutsch-französischen DFG-Projekt von Prof. Dr. Stephan G. Schmidt, Berlin, Humboldt-Universität, und Dr. Michel Mouton, Nanterre „Die Entstehung eines arabischen Königreichs im hellenisierten Orient: die Entwicklung von Petra, die Gestaltung des Umlandes und die Kontrolle der Resourcen – EARLY PETRA(2009-2012).

2010-2012 fanden unter der Leitung von Herrn Wenning und Laurent Gorgerat, Basel, drei Grabungskampagnen statt. Der Komplex des Aṣlaḥ-Triklinium-Komplexes in der östlichen Nekropole vor der Stadt wurde als Grabungsobjekt gewählt, weil sich im Triklinium die älteste datierte nabatäische Inschrift in Petra befindet; sie datiert 96 v. Chr., nennt Aṣlaḥ als Stifter und weist aus, dass die Anlage dem Dushara geweiht war. Der Paläographie der Inschrift, der Onomastik und der zeitgeschichtlichen Einordnung wurde nachgegangen. Die Datierung ins frühe 1. Jh. v. Chr. gilt danach als unstrittig.

Petra, Triklinium des Aslah
Petra, Triklinium des Aslah
Petra, Triklinium des Aslah, Aslah-Inschrift
Petra, Triklinium des Aslah, Aslah-Inschrift, 96 v. Chr.


An das Triklinium schließen zwei kleine Seitenräume an, weitere Architektur wurde in diesem Bereich der Südterrasse weder durch Suchgräben, noch durch Radar-Untersuchungen unserer französischen Kollegen nachgewiesen, bis auf einen in die Kreuzfahrerzeit datierenden Mauerwinkel vielleicht eines Wachtturms. Die Suchgräben zeigten, dass durch eingedrungenes Regenwasser der Sandsteinfelsen bis auf die ausgehärtete Oberfläche stark zersetzt ist. Die nähere Untersuchung der 20 Votivnischen im Triklinium und außen am Fels erbrachte im Detail neue Erkenntnisse. Das Triklinium mit dem Vorplatz war der Ort, wo ein Clan zu seinen Feiern zusammenkam, die nicht auf Totenfeiern beschränkt waren.
Das zweite Ziel war die Klärung des Verhältnisses zwischen dem Triklinium und dem Fassadengrab der Nordterrasse. Gemäß anderen Grabanlagen in Petra bestand die Annahme, dass die beiden Bauten samt weiteren Installationen einen ungefähr gleichzeitigen Grabkomplex gebildet haben dürften. Unsere Ausgrabungen im und vor dem Grab ergaben jedoch, dass die Nordterrasse erst knapp 100 Jahre nach dem Triklinium angelegt worden ist. Die Anfänge der Grabkomplexe sahen somit viel bescheidener aus, wie die Südterrasse zeigt. Ein Grab können wir der frühen Phase an diesem Platz nicht zuweisen, auch wenn 53 Senkgräber einen Gürtel in den niedrigen Felskuppen am Rand des Plateaus bildeten.
Das Fassadengrab weist neun Loculi und ein Schachtgrab vor dem zentralen Loculus auf. Wir haben drei der tiefangelegten Gräber ausgehoben. Zwar sind alle Gräber des Komplexes ausgeraubt, aber es fanden sich Scherben, Münzen, Lampen und sogar 30 gut erhaltene Unguentaria, die die Datierung der letzten Bestattungen ins späte 1. Jh. n. Chr. datieren. Die Gebeine waren vollständig zersetzt. Um Grabplünderungen entgegen zu wirken, offenbar nicht erst ein Problem neuerer Zeit, waren über der eigentlichen massiven Abdeckung der Bestattung noch weitere Zwischenböden mit schweren Steinen und Verputz in den Grabschacht eingezogen.

Grab Br. 24, zentraler Loculus mit Arcosolium
Grab Br. 24, zentraler Loculus mit Arcosolium, davor im Boden (wieder zugeschüttet) ein Schachtgrab
Grab Br. 24, Unguentaria aus dem zentralen Loculus
Grab Br. 24, Unguentaria aus dem zentralen Loculus

Direkt neben dem Grabeingang wurde viel Keramik gefunden, die uns zur Datierung des Grabes um die Zeitwende dient. Im Vorfeld des Grabes konnten fünf Räume nachgewiesen werden, die an den Fels gelehnt waren. Die Anlage war von einer starken, gut gebauten Mauer umgeben, deren Fundamente in einen breiten Felsgraben gesetzt worden sind. Acht Auflagernischen für Bögen zeigen an, dass die Räume überdacht waren. Vom aufgehenden Mauerwerk ist allenfalls die unterste Lage erhalten. Beim mittelalterlichen Turm der Südterrasse sind Bausteine der Mauer wiederbenutzt worden.

Petra, Nordterrasse nach Abschluss der Ausgrabungen
Petra, Nordterrasse nach Abschluss der Ausgrabungen

Das Gelände steigt nach Norden zu einer Felsschlucht an, in der ein großes Reservoir liegt, das heute rund fünf Meter hoch verschüttet ist und im Mittelalter unter Abschlagen der zum Boden führenden Stufen wiederbenutzt worden war. Von dieser Schlucht ausgehend führen verschiedene flache Felskanäle teils zum Reservoir, teils zur Bodenzisterne vor der Umfassungsmauer der Nordterrasse. Jeder Tropfen der viel zu seltenen Wolkengüsse in dieser ariden Zone sollte so aufgefangen und gespeichert werden. Dies diente zugleich mit weiteren unterirdischen Entwässerungskanälen dem Schutz der gebauten Anlagen gegen die plötzlichen Wasserfluten.
Alle Ziele des Projektes wurden erreicht. Die Ergebnisse sind in mehreren Berichten publiziert und in Vorträgen auf Kongressen vorgestellt worden.

  1. Die Skulpturen aus Petra

(siehe Bibliographie: Nr. 102, 117, 141, 180)
Die DFG hat Herrn Wenning Mittel für drei Jahre (2013-2016) bewilligt, die Skulpturen aus Petra zu dokumentieren und zu publizieren. Herr Wenning führt das Projekt in Partnerschaft mit dem Archäologischen Institut der Jordan University, vertreten durch Prof. Dr. Thomas M. Weber, und in Zusammenarbeit mit dem Department of Antiquities of Jordan durch. Die in Petra tätigen Kollegen mit Skulpturenfunden habe ihre Zusage gegeben, sich mit ihrem Material in das Projekt einzubinden. Eine aktuelle Aufstellung der durch Literatur und Notizen bekannten skulpturalen Funde umfasst 574 Einträge. Dazu kommen viele bislang unpubliziert gebliebene Objekte in den Magazinen in Amman und Petra. Über den Reichtum nabatäischer Skulptur bietet die laufende Petra-Ausstellung in Basel, ab Oktober 2013 in Leiden einen guten Überblick.

Petra, Felsrelief mit der Büste eines nabatäischen Gottes
Petra, Felsrelief mit der Büste eines nabatäischen Gottes

Aufgenommen werden alle figuralen Denkmäler aus Stein, Bronze und Stuck. Ausgenommen bleiben Terrakotten, für die bereits drei Monographien vorliegen, und andere figurale Objekte aus Ton und Glas, anikonische Betyle und Spitzpfeiler, Felsritzungen, Münzen und Gemmen. Für einen Großteil des Bestands liegt keine Dokumentation vor, am ehesten noch für die Denkmäler im Feld, Architekturreliefs und Felsreliefs und einige häufig gezeigte Objekte, wie die der jetzigen Ausstellung.
Erst seit 1980 wurden nabatäische Skulpturen als eigene Denkmalgruppe wahrgenommen (Ausstellung Brüssel und punktuelle Aufnahme in LIMC). McKenzie publizierte 1988 die bislang einzige Auflistung (136 Objekte). Trotz zahlreicher Beiträge zu einzelnen Skulpturen oder Funden bestimmter Ausgrabungen fehlt eine monographische Aufarbeitung. Die Fundkontexte vieler Skulpturen bleiben unklar. Viele Skulpturen sind architektonisch gebunden, oft fehlt aber die Kenntnis über die zugehörige Architektur. Hier könnten Maße, Stilgruppen und Themata etwa von Friesen Hinweise geben. Ein Großteil der Skulpturen stellt Gottheiten dar, zumeist in griechischen Bildtypen, sei es, dass wirklich ein griechisches Thema dargestellt ist, sei es, dass der Bildtyp als interpretatio Graeca der Vermittlung einer arabischen Gottheit dient. Überwiegend sind die Skulpturen aus lokalem Sandstein hergestellt, sind sie genuin nabatäische Produkte. Mit Beginn der Provincia Arabia 106 n. Chr. wird die Zahl römischer Marmorimporte größer und verändert sich das Repertoire.

Die erste Materialaufnahme fand am 2.-25. Oktober 2013 statt. 82 Objekte konnten im Petra Museum, im Magazin des Petra Museums, im Cave Museum in Petra und im Außenbereich der Ausgrabungsstätte dokumentiert werden, darunter 34 bislang unbekannte Skulpturen.
Wir danken der Deutschen Forschungsgemeinschaft (Dr. Hans-Dieter Bienert) für die Gewährung der Sachbeihilfen, die das Projekt erst ermöglicht hat.
Wir bedanken uns für den Kooperationsvertrag mit der Faculty of Archaeology and Tourism, The University of Jordan, bei der Dekanin, Frau Prof. Maysoon A. Al-Nahar. Diese Kooperation bindet Prof. Dr. Thomas M. Weber, Dozent an dieser Universität und Vertreter des DAAD, in das Projekt ein. Herr Weber hat mehrfach zu den Skulpturen in Syrien und Jordanien publiziert.
Wir bedanken uns für die Bewilligung und Unterstützung des Projekts durch das Department of Antiquities of Jordan beim Director General, Prof. Dr. Monther Dajash Jamhawi, der auch die Arbeitserlaubnis ausstellte, und den Direktoren der Referate Ausgrabung und Museen, Jehad Haroun und Huda Kilani. Wir danken dem Direktor des Petra Museums, Mohammad Abd el Aziz al-Marahleh, der die Materialaufnahme vor Ort tatkräftig mit seinen Mitarbeitern unterstützte.