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Münster (upm/DGPs/ch)
Prof. Dr. Guido Hertel<address>© WWU/privat</address>
Prof. Dr. Guido Hertel
© WWU/privat

Ein Gewinn für Unternehmen

Neue Studie zeigt: Ältere Berufstätige bewältigen Stress besser als jüngere Kollegen

Ältere Berufstätige verändern belastende Arbeitsumstände eher aus eigenem Antrieb und sind deshalb weniger gestresst als ihre jüngeren Kollegen. Das zeigen Psychologen der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster in einer aktuell veröffentlichten Studie. "Die Stärken älterer Berufstätiger werden oft unterschätzt", sagt Guido Hertel, Professor für Organisations- und Wirtschaftspsychologie und Leiter der Studie. "Dabei übersieht man die wichtigen Fähigkeiten, die ältere Berufstätige, also Menschen zwischen 50 und 65 Jahren, aufgrund ihrer langjährigen beruflichen und persönlichen Erfahrung mitbringen." Der münstersche Psychologe und seine Kollegen wollten wissen, ob sich jüngere und ältere Arbeitnehmer unterschiedlich durch berufliche Belastungen beansprucht fühlen und welche Bewältigungsstrategien sie im Umgang mit beruflichen Problemen einsetzen.

Dazu erfassten sie in einer Online-Befragung Daten von rund 670 Berufstätigen im Alter von 17 bis 73 Jahren aus verschiedenen Branchen, darunter soziale, kaufmännische und handwerkliche Berufe, zu zwei Zeitpunkten im Abstand von acht Monaten. Die Befragten gaben an, wie sehr sie sich von Belastungen bei der Arbeit beansprucht fühlen. Eine mögliche Antwort lautet: "Sogar zuhause denke ich häufig an berufliche Probleme." Außerdem legten die Befragten offen, welche Bewältigungs-Strategien sie einsetzen, das heißt, wie sie mit beruflichen Problemen umgehen und sie lösen.

Die Ergebnisse zeigen: Ältere Berufstätige berichten durchweg von weniger Stress als jüngere. Diese Unterschiede zeigten sich auch dann, wenn unterschiedliche Arbeitsbedingungen berücksichtigt wurden. Einen entscheidenden Einfluss hat die Art der Bewältigungsstrategie: Ältere Berufstätige wendeten im Vergleich zu jüngeren mehr aktive Bewältigungs-Strategien an, um beruflichen Problemen entgegenzutreten. Sie konzentrierten also all ihre Anstrengungen auf die Lösung des Problems.

Die Wissenschaftler untersuchten auch, ob sich die Art der angewandten Bewältigungsstrategien bei der ersten Messung auf die wahrgenommene Beanspruchung acht Monate später auswirkt. Dabei zeigte sich, dass Berufstätige, die zum ersten Zeitpunkt mehr aktive Bewältigungsstrategien anwandten, ihren Beruf acht Monate später als weniger beanspruchend und stressend empfanden. Guido Hertel erklärt: "Ältere Arbeitnehmer haben sich im Laufe ihrer beruflichen Tätigkeit ein großes Repertoire an möglichen Verhaltensweisen zum Umgang mit Problemen angeeignet, auf das sie bei Bedarf flexibel zurückgreifen können. Gleichzeitig hilft die geringere Beanspruchung dabei, auch zukünftig aktiver mit Stressoren umzugehen – es entsteht so ein sich selbst verstärkender Kreislauf."

 

Originalliteratur:

Hertel, G., Rauschenbach, C., Thielgen, M. M., & Krumm, S. (in press). Are older workers more active copers? Longitudinal effects of age‐contingent coping on strain at work. Journal of Organizational Behavior. DOI: 10.1002/job.1995

 

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